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this is our summer // Anna

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rendez-vous au Café Paris

Ich war mit Gabi in der Stadt unterwegs um eine Bildstrecke eher mondäner Art mit einem Hauch Pariser Flair einzufangen. Meine Interpretation des Art Noir. Da ich an diesen Stadtteil keine richtige Erinnerung mehr hatte, habe ich mich 30 Minuten vor der verabredeten Zeit eingefunden, um nach geeigneten Spots zu scouten und noch eine passende Tageszeitung einzusammeln. Die Vorbereitung hat sich gelohnt. Auch bei dieser Bildstrecke ist das “Mood” eher die Stimmung, die ich mit einem Pariser Stadtteil wie z. B.  Saint-Germain-des-Prés verbinde, als das ich fertige Bilder im Kopf hätte. Die entstehen dann erst im kreativen Prozess. Und ich lasse mich durch die Dynamik der Menschen vor der Kamera inspirieren. So entstehen Dinge, die ich gar nicht hätte planen können – welche aber schlussendlich zu etwas durchaus Interessantem führen. Zum öffnen der Bildstrecke einfach aufs Bild klicken.

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„in between“ – die Sehnsucht nach dem Bild dazwischen

„In between“ ist ein wichtiger Teil meiner Bildsprache und somit auch ein Teil von mir. Ich bin fast schon obsessiv auf der Suche nach „dem Bild dazwischen“, das – auch wenn es einer Inszenierung unterliegt – wie beiläufig erscheint. Als würde der Bildbetrachter zufällig einer Geschichte oder eines Augenblicks beiwohnen. So entstehen mitunter narrative Bilder, die eine intensive Nähe aufbauen und so dem Bildbetrachter das Gefühl vermitteln dabei zu sein. Da ich überwiegend in Bildstrecken denke, ist mir dies auch in Bezug auf Authentizität sehr wichtig.

Wohlgemerkt gilt dies für meine Bilder, im Genre Porträtfotografie. Es gibt Fotografen, die es grandios verstehen, die bewusste Inszenierung in den Vordergrund zu stellen und Bilder entstehen lassen, die ich richtig feiere. Es ist nur nicht das Genre, welches mir entspricht.

Die Bilder mit Caro, die diesen Beitrag begleiten, sind zu einer Bildstrecke entstanden, die auch in gedruckter Form in meinem FineArt-Magazin issue 05 veröffentlicht wurde. Wenn dieser zarte Faden von Vertrauen so belastbar ist und alles irgendwie von selbst läuft und keiner sich erklären muss. Auch bei diesem Shoot mit Caro habe ich dies erleben dürfen. Sie sagte nur, lass uns mal was am Vorhang machen. Wir haben nicht gesprochen. Es war aber, als wären wir durch eine unsichtbare Leitung direkt miteinander verbunden. So sind im Flow diese wundervollen Bilder entstanden. Wie der letzte Spiegelschlag verklungen war, waren wir beide ein Stück weit Sprachlos und auch berührt von dieser Stimmung. Als wir die Bilder betrachteten, sagte Caro: „Für mich ist das unglaublich erotisch, so pur. Einfach ich. Das war Magie, oder?“ Ich hätte es besser nicht beschreiben können.

Kontrolle frisst Kreativität

Es gibt durchaus Fotografen, denen beim Abgeben der Kontrolle unwohl wird und die auch überzeugt sind, sie wären dann nicht mehr Gestalter des Bildes. Ich habe natürlich stets Ideen im Kopf, meistens viel zu viele und ich gebe einen gewissen Rahmen vor. Jedoch habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein Shooting, je mehr man es laufen lässt, umso besser und kreativer verläuft. Es sind dann meistens Stimmungen die ich einfangen bzw. transportieren möchte, als das ich bereits fertige Bilder im Kopf habe. Die entstehen dann oft erst im kreativen Prozess und der Interaktion mit den Menschen vor der Kamera. Und ich lasse mich gerne durch die Dynamik der Frauen vor meiner Kamera inspirieren. Tatsächlich stecke ich in diese „zufälligen Augenblicke“ sehr viel Achtsamkeit und Energie. Anders als in Kameratechnik, die ich für meine Bildergebnisse als absolut sekundär erachte.

Am Ende bin ich selbst davon überrascht, welche Bilder dabei entstehen. Besser und authentischer, als ich sie je hätte planen können.

Was sind meine Zutaten für „in between“?

Stimmung schlägt Perfektion

Eine Hauptzutat ist sicherlich die Stimmung zwischen den Menschen, die für gemeinsame Bilder antreten und das Vertrauen in das gemeinsame Schaffen, damit auch ein gemeinsamer Kreativitätsprozess umgesetzt werden kann. Wenn ich ein Bild betrachte, dann sehe ich, was zum Zeitpunkt des Auslösens zwischen zwei Menschen auf der Beziehungsebene stattgefunden hat. Mehr dazu findet ihr auch hier in meinem Beitrag: Modell-Kommunikation oder der „Pudelwohlfühl-Faktor”

Anders als beim eher handwerklich orientiertem Abarbeiten von Bildideen, ist es mir wichtig, dass ein gemeinsamer Flow entsteht. Auch ein Grund, warum ich in Bezug zu Kameratechnik sehr reduziert bin. Technik will betreut werden und erzeugt zusätzliche Barrieren. Ich hatte auf meiner Shootingtour nach Fuerteventura (die Grundlage für „Seven Days in Paradise“) tatsächlich nur eine Kamera und ein Objektiv am Start.

Mir ist es wichtiger, meine Energie auf die Menschen vor der Kamera zu konzentrieren, damit ein gemeinsamer und vertrauensvoller Flow entsteht, der die Kamera bestenfalls vergessen lässt. Für mich eine wesentliche Voraussetzung, damit Bilder mit Seele entstehen können.

Einen Rahmen schaffen

Wenn ich die „Bilder dazwischen“ bekommen möchte, muss ich dafür aber einen Rahmen schaffen. Heute nutze ich sehr oft den sequenziellen Einsatz von stimmigen Handlungsfolgen. Sprich sie posed nicht statisch für eine Bildidee, sondern tut ganz konkret etwas das Sinn ergibt. Beispielsweise anstelle nur die halb geöffnete Bluse anzufassen, knöpft sie diese tatsächlich auch auf oder zu. Den Blick entsprechend ihren Fingern folgend. Sie geht in ihren eigenen Flow der einer Handlung und Stimmigkeit folgt, ohne groß darüber nachdenken zu müssen, was wohl der Fotograf von ihr erwartet. Dies genau ist übrigens auch der Unterschied zwischen einem Abbild und einem Prozessbild. In punkto Authentizität liegen zwischen beiden oft Welten!

Dies funktioniert übrigens in allen Situationen. Schließlich folgt eine Bewegung im richtigen Leben ja auch immer einer Motivation bzw. einem Ziel. Wenn ich ihr innerhalb dieser Handlung die Kontrolle überlasse, wird sie diese mit ihrem ganz natürlichem Körpergefühl ausführen. Wie im richtigen Leben auch. Und genau diese lebendigen und echten Bilder brauche ich für meine Bildsprache.

Den Zufall provozieren

Jetzt muss ich diesen „Zufall“ aber auch provozieren um ihn einfangen zu können. Dafür shoote ich mit den Menschen vor meiner Kamera gerne im gemeinsamen Takt, der durch die Kameraauslösungen begleitet wird. Wie auch bei einem Tanz. Dies aber nicht im Dauerfeuer von Mehrfachauslösungen, sondern immer bewusst einzeln ausgelöst. In dem vollen Bewusstsein, dass ich die Kontrolle ein Stück weit abgebe und auf die gemeinsame Dynamik vertraue. Aber auch Bilder entstehen werden, die nicht brauchbar sind. Wie auch beim Tanz, unschöne Wechselschritte notwendig sind um die nächste Figur einzuleiten.

Ich nenne es den „Provozierten Zufall“! Würde ich jetzt nur konzentriert auf die Bilder hinarbeitet die ich im Kopf habe und auch nur dann auf den Auslöser drücken, werde ich „in between“ sicherlich verpassen. Eine voreilende Erwartungshaltung an das Ergebnis lässt uns vielleicht unfähig sein zu sehen, was noch alles für wundervolle Momente entstehen können. Erst wenn ich loslasse und schaue, wohin es mich führt, findet ein „gemeinsamer Tanz“ statt, dem sich auch die Menschen vor der Kamera hingeben können. Nur mit Ratio lässt sich dies nicht erzwingen. Wer einmal der Faszination des Tangotanzens erliegt, weiß, dass die gemeinsamen Bewegungen und die damit verbundene Interaktion KEINE Kopfsache ist.

Ein weiteres wichtiges Element ist es, diese Bilder „in between“ bei der Bildauswahl dann auch zu erkennen. Im Vergleich zu Bildern, die einen Hauch inszenierter wirken. Dieser Grat ist manches Mal extrem schmal. Da reicht bereits eine leicht unterschiedliche Augenposition um über stimmig und unstimmig zu entscheiden. Ich frage mich stets, glaube ich es ihr, was ich auf dem Bild sehe.

Wenn ihr es selbst erleben und erlernen wollt, es ist eine von diversen Techniken, die ich in meinen Workshops und Coaching vermittle. Mehr dazu siehe HIER

 

Wie ich die Bilder in meiner Galerie “zero reflection” hänge

In meinem Galerie- und Arbeitsloft habe ich die Möglichkeiten einige Arbeiten von mir zu hängen. Ich habe den Luxus, mit jeder Ausgabe meines FineArt-Magazins, bei meiner Druckerei immer auch eine Reihe Großformate im Pigmentdruck auf mattem 170g GalaxiArt Samt mit drucken zu lassen. Diese ziehe ich dann für die Rahmung auf einen „Fixmount“ Selbstklebekarton (1,5 mm) auf.

Ich habe einen Rahmenhersteller (DEHA) gewählt, der ein sauber verarbeitetes Produkt zu einem guten Preis anbietet (mattschwarz, b 15, h 25). Was mich allerdings immer gestört hat, dass eine Spiegelung den Gesamteindruck trübt. Selbst bei hochwertigen Gläsern. Der Griff zu Museumsglas würde den Rahmenpreis locker verdoppeln. Und auch dieses ist nicht zu 100% reflektionsfrei. Aus diesem Grund hänge ich meine Arbeiten bei mir „glaslos“, also quasi „zero reflection“. Das Ergebnis überzeugt mich. Der Pigmentdruck kommt um Längen plastischer und stärker rüber, als hinter Glas. Da sich der Publikumsverkehr in grenzen hält, ist die Gefahr von Fingerpatschen eher gering. Etwas anderes wäre es sicherlich, wenn ich in einer Ausstellung die Exponate gleichzeitig abverkaufen möchte. Für mich ist es wichtig, dass meine Arbeiten hochwertig präsentiert werden. Ich würde aber für Museumsglas nicht das doppelte Budget in die Hand nehmen, wenn ich glaslos ein besseres Ergebnis erziele. Zumindest für meinen Anwendungsfall. Bei 20 Bildern ist die Preisdifferenz, ohne deutlichen Mehrwert, schon beträchtlich.

Bei Rahmenherstellern möchte ich den „Platzhirschen“ Firma Halbe nicht unerwähnt lassen. Halbe bietet hochwertige Rahmen mit einem Magnetverschluss an, der es ermöglicht das Bild schneller zu tauschen. Dies hat allerdings seinen Preis, dem man dem Produkt bei der Präsentation im Vergleich zu ebenso gut verarbeiteten Rahmen nicht ansieht. Wenn ihr regelmäßig wechselnde Ausstellungen bedient, ist die Abwägung zwischen Komfort und Budget sicherlich einen Gedanken wert. Da Halberahmen bei der Einlegetiefe exakt gerechnet sind, sollte mit einer Toleranzzugabe bestellt werden, die die max. mögliche Einlegetiefe auch für zukünftige Projekte (Druck, Träger und Passepartout) berücksichtigt. Bei geringeren Einlegetiefen kann dann mit Karton aufgefüllt werden. Da ich meine Bilder nicht monatlich wechsle, steht der Aufpreis für mich in keinem Verhältnis zum Nutzen. Das muss aber jeder für sich abwägen.

Mit Passepartout oder ohne? Hier trennen sich scheinbar die Geister. Wobei auch „namenhafte“ Fotografen, die zum einen das klassische Passepartout als das Mittel der Wahl propagieren, dann einen Teil ihrer Arbeiten plötzlich vollformatig präsentieren (Das Bild füllt den Rahmen komplett aus). Ich denke hier gibt es, wie auch sonst in der Fotografie, kein dogmatisches richtig oder falsch! Beim Format und der Rahmung gilt, wie auch für viele andere Punkte in der Fotografie: Es muss zu euren Bildern und der Bildaussage passen. Das eine kommt über ein Passepartout besonders zur Geltung, wo ein anderes Motiv über eine vollformatige Präsentation wesentlich intensiver wahrgenommen wird und die notwendige Nähe aufbaut. Letzteres gilt tatsächlich für viele meiner Bilder. Ich habe in meiner Galerie sowohl Bilder mit Passepartout (eher kleinere Formate), als auch größere Formate rahmenfüllend gehängt.

Übrigens die zwei unteren, angelehnten Bilder, sind noch unter Glas. Ich verwende das Hängesystem der Firma Leha. Die Bilder können auf jeder gewünschten Position mit transparenten Nylonschnüre gehängt werden.

 

Kann ich Licht besser beurteilen, wenn ich das Kameradisplay auf SW stelle?

Warum das umschalten des Kameradisplays auf SW nicht zwingend zu besseren Entscheidungen bei der Lichtsetzung führt.

Was die Lichtsetzung angeht, bin ich ein absoluter Nerd und sehr anspruchsvoll, wenn es darum geht das Licht bereits bei der Aufnahme spannend in die Kamera laufen zu lassen! Ich werde zu meinen SW-Bildern häufig befragt, ob ich diesen Look in der Nachbearbeitung erziele. Wer glaubt, er könne es in der Nachbearbeitung noch entscheidend beeinflussen, wird enttäuscht werden. Der primäre Lichtlook ist, wie viele andere wichtigen Aspekte, auch bei mir mit dem drücken des Auslösers festgeschrieben und die Kreativarbeit getan.

Deswegen ist das antizipieren der, beim jeweiligen Motiv, vorliegenden Lichtstimmung, meines Erachtens eines der „handwerklich“ wichtigsten Skills in der Fotografie. Bei natürlichem Licht entscheidet die Position des Modells zur Lichtquelle (dem Fenster) und die Lichtformung darüber, ob das Ergebnis polarisierend fleckig und überstrahlt, eher neutral flach oder richtig spannend im Licht- und vor allem im Schattenverlauf umgesetzt ist. Nicht die Knöpfchen an der Kamera! Ich muss mit den Schatten arbeiten und modellieren können. Außerdem beeinflusse ich mit der Lichtsetzung by the way auch die Plastizität des Gesichts und der Gesamtkomposition. Z. B. zu nah an der Lichtquelle oder einfach zu flach im Verlauf nehme ich dem Gesicht seine natürliche Plastizität. Man könnte auch etwas überzeichnet sagen, ein fein modelliertes Gesicht wird über eine unbedachte Lichtsetzung zum „Pfannen-Kuchengesicht“, was übrigens auch respektlos dem Modell gegenüber wäre. Auch einer der Gründe, warum sich Menschen auf Bildern nicht wieder erkennen.

Aber zurück zu der Frage, ob ich den Lichtverlauf an einem auf SW-gestellten Kameradisplay besser beurteilen kann. Insbesondere, wenn das Ziel bereits die SW-Ausbelichtung ist. Diese Frage wird auch häufig in meinen Workshops gestellt. Ich persönlich teile diese Ansicht nicht! Auch wenn ich 90% meiner Bilder in SW präsentiere, fotografiere ich in Farbe, sprich – auch mein Kameradisplay / OLED-Sucher steht auf Farbe. Mit den Werkseinstellungen, ohne ein verzeichnendes Preset. Wenn Fotografen (auch namenhafte) behaupten, sie würden es in SW besser beurteilen können, vielleicht auch schon seit langem nur noch mit einer SW-Vorschau arbeiten, glaube ich, dass sie sich einfach nur daran gewöhnt haben das Licht jetzt in SW zu beurteilen. Das ist aber denke ich eher ein romantisches Gefühl, als dass es messbar wäre. Ich sehe und beurteile meine Umgebung schon mein ganzes Leben in Farbe, warum sollte ich es plötzlich in diesen kurzen Augenblicken des Shootens in SW besser sehen? Dazu kommt noch, dass ein Farbbild in den Nuancen wesentlich feiner abgestuft ist, als ein SW-Bild. Ich bekomme auf dem Farbbild schlicht mehr und feiner abgestufte Informationen, auch zum Lichtverlauf, so dass ich auch die Schatten besser beurteilen kann.

Wo ich allerdings uneingeschränkt mitgehe und dies gilt bei mir gleichermaßen für die gewählte Kameratechnik: Wenn es euch innerhalb des Prozesses mehr Freude bereitet die Bilder bereits in SW zu betrachten, um so auch schon ein Endergebnis in Händen zu halten, place any, dann ist dies absolut gerechtfertigt. Ich denke man sollte im Workflow so arbeiten, dass es einem Spaß macht und motiviert. Vorausgesetzt, man erzielt das gewünschte Ergebnis. Daraus zu schließen, man könnte das Licht für ein SW-Bild besser beurteilen, halte ich allerdings für sehr gewagt. Da ist, glaube ich, der Wunsch eher der Vater des Gedankens.

Wäre dem so, dann würde ich mich ernsthaft fragen wie die Fotografen, die über Generationen mit ihrer guten bis genialen Lichtsetzung begeistern, dies überhaupt hinbekommen haben. Haben doch viele von ihnen analog fotografiert ohne jemals vor dem Auslösen das Ergebnis in SW gesehen zu haben.

Ein gutes Auge fürs Licht und damit verbunden einer guten Lichtsetzung hat nichts mit der Kameravorschau in SW oder Farbe zu tun. Wer aus diesem Grund jetzt seinen Kamera-Display umschaltet oder gar zu einem SW Sensor greift, wird sich wahrscheinlich wundern oder gar enttäuscht sein, dass diese Maßnahme nicht zu dem gewünschten Ergebnis führt. Auch wenn „namenhafte“ Fotografen vielleicht gerne damit kokettieren, ungeachtet dessen, dass sie außerhalb der wenigen Minuten, in denen sie das mögliche Bildergebnis in SW betrachten, alle visuellen Eindrücke im Leben in Farbe sehen und beurteilen.

Werdet zu einem guten Beobachter für das, was ihr seht, was das Licht mit eurem Motiv macht und wie die Kamera es im Ergebnis einfängt um vom jeweiligen Ausgangspunkt die richtige Entscheidung zu treffen. In der Fotografie geht es oft nicht darum aus dem Stand ein perfektes Bild zu machen, sondern es geht um Entscheidungen, was ihr vom jetzigen Status quo – z. B. das Displaybild – verändern müsst um zu eurem Wunschergebnis zu kommen. Es sind unsere Entscheidungen und das resultierende Handeln, das kreative Prozesse voranbringt!! Das dies in der SW-Fotografie über der uns angeborenen Sicht in Farbe möglich ist, haben unzählige Fotografen, die für ihre grandiosen SW-Bilder bekannt sind, bewiesen.

Ich wünsche euch eine gute Zeit

Euer Boris

 

Jenseits von Afrika | Maike

Ich war mit Maike unterwegs. Diesmal in einem großen Wanderdünengebiet mit sehr skurrilen Strukturen, also ganz mein Ding! Falls die Frage aufkommen sollte, ich arbeite steht ohne weitere Hilfsmittel, wie Reflektoren, Kunstlicht usw. Wie immer nur meine Kamera und ein 50 mm Objektiv.

 

 

Macht mich die Kameratechnik zu einem besseren Fotografen?

Ich möchte gerne meine Gedanken zu diesem Thema mit euch teilen. Wohl wissend, dass es meine ganz subjektive Sicht auf die Fotografie ist und auch keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt. Wenn ich von Kameratechnik spreche meine ich es sowohl im Buchstäblichen Sinne, also die Hardware (Kamera, Objektive, Blitze, usw.). Es wird aber auch einen Sidekick auf die Prozesse nach Entstehen des Bildes (dem Drücken des Auslösers) geben, da hier gerne vom Weg auf das Ergebnis geschlossen wird, was meines Erachtens in eine Sackgasse führen kann.

Ich habe den Eindruck in der Fotografie wird zu Bildern immer mehr über den Einsatz einer besonderen Kameratechnik gesprochen, als dass es um die Essentials des Fotografierens ginge. Dies beobachte ich auch in zahlreichen Blogs und Podcasts. Präsentierte Bilder werden auch gerne mal über Hilfsgrößen qualifiziert, wie: Analog, Vintage-Objektiv, Kameramarke, (place any). Aber auch Begriffen wie „ooc“ (out of cam) scheinen ein Bild qualitativ aufzuwerten. Wobei „ooc“ meist bedeutet, dass das Bild als Jpeg-Format mit einem Preset fotografiert wurde und man sich die Nachbearbeitung gespart hat. Dies machen übrigens auch Handykameras, und gar nicht so schlecht. Mal Hand aufs Herz: Oft sind es Hilfsgrößen, die man dem präsentierten Bild wahrscheinlich nicht entnehmen würde und meist auch keinen „primären“ Einfluss auf das Bildergebnis haben. Ich erinnere nur an den vielzitierten Leica-Look, den wir vielleicht nur dann glauben wahrzunehmen, wenn aus berufenem Munde darauf hingewiesen wird. Dazu hatte ich kürzlich bei einem Kollegen auf seinem Instagram-Account den Titel „Leica Fotograf“ gelesen und dachte mir: „Gut, dass er es dazu geschrieben hat! Den Bildern hätte ich es nicht entnommen.“

Vielleicht ist es auch symptomatisch für die Schnelllebigkeit von Social Media, und dem Bedürfnis sich von der Masse als „Besonders“ abzuheben um sichtbar zu werden. Zumindest beobachte ich, dass Fotografen, die mit ihren Ergebnissen unzufrieden sind, eher über den Kauf einer neuen Kamera oder eines aus berufenem Munde empfohlenen Objektivs nachdenken, als über ihre Fotografie. Das finde ich persönlich sehr schade. Wäre es da nicht vielleicht zielführender sich zu fragen: „Warum fotografiere ich?“ oder „Wofür begeistere ich mich besonders?“ Aber wie entscheidend sind denn diese technischen Merkmale für ein „gutes Bild“? Darauf, was für mich ein gutes Bild ist, komme ich gleich noch. Zu diesen Gedanken hat sich mir eine essenzielle Frage aufgedrängt, der ich nachspüren möchte:

Werde ich über die Kameratechnik zu einem besseren Fotografen?

Dazu habe ich mich einmal umgeschaut, wie ich es in anderen Bereichen wahrnehme. Ich denke nicht, dass ich zum besseren Schriftsteller werde, wenn ich für mein Werk ein besonderes Papier oder Schreibgerät verwende. Gleiches gilt sicherlich für die Malerei. Und ich habe noch nie von einem Sternekoch beim Servieren gehört: Dieses Soufflé ist mit einer Tefal 7900 oder einem besonderen Kochgasgemisch entstanden. Ist es in der Fotografie vielleicht anders? Mir ist auch in der Fotografie kein Werk bekannt, das über Generationen begeistert und dies über eine besondere Technik oder ein cooles Preset erzielt hätte. Auch wenn sogenannte „Markenbotschafter“ uns dies gerne glauben machen wollen.

Was ist es dann, was das Bildergebnis primär beeinflusst?

Bilder die ein Publikum nachhaltig berühren, tun dies nicht, weil sie einen coolen Look haben. Ein cooler Look kann eine kurze Begeisterung auslösen, wenn aber der Bildinhalt es nicht schafft mich zum Verweilen einzuladen, bleibt es bei einem kurzen Impuls. Einer schicken Verpackung. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Nicht selten werden Look und Bildinhalte in einen Topf geworfen.
Ich denke, Bilder sollten den Bildbetrachter berühren, bestenfalls Fragen provozieren und ihn einladen sich eigene Gedanken zu diesem Bild zu machen. Sein Kopfkino anregen. Zum Allgemeinplatz „ein gutes Bild“, an dieser Stelle meine ganz subjektive Sicht, wann mir eines meiner Bilder besonders gefällt. Kriterien wären u. a.:

  • Drückt das Bild meine Sichtweise aus?
  • Entspricht es meinen Wünschen zum Zeitpunkt der Aufnahme?
  • Befriedigt es mich kreativ?
  • Ruft es Emotionen hervor?
  • Lädt es zu Fragen ein, wie z. B.: „Was beschäftigt sie grade. Was war davor oder was passiert danach?“

Bei all diesen Fragen geht vielmehr um die Bildinhalte, als die Verpackung. Wenn es jetzt um die Frage geht: „Wie werde ich zum besseren Fotografen?“ hat es mir sehr geholfen mich zu fragen: „Was möchte ich mit diesem Bild erreichen?“ Wenn ich weiß, was ich mit meinen Bildern erreichen möchte, kann ich hinterfragen was diesen noch fehlt. Wenn sich die Antwort darauf allerdings nur auf technische Kriterien beschränkt, wie: Ein cooler Cyanbraun Look oder eine altes Vintage Objektiv, sollten wir uns ernsthaft Gedanken machen, ob wir uns nicht in eine Sackgasse hinein bewegen.

Das nächste Waschmittel wäscht weißer

Wenn nur technische Standards der Maßstab für gute Bilder wären, gäbe es auch keine weiße Wäsche! Denn das nächste Waschmittel wäscht weißer. Und dies Jahr für Jahr, schon seit über 100 Jahren Waschmittelwerbung. Aber noch einmal zu der Frage: „Was beeinflusst den Bildinhalt?“

Da mein Genre die Porträtfotografie ist, möchte ich es dazu einmal beleuchten. Wenn wir ein Bild betrachten, sehen wir Gestaltungselemente wie: Assessors, Perspektive, Unschärfe, Schnitt, Licht usw. Alles Elemente, für die ich mich bewusst entscheiden muss. Und vor allem sehen wir was zum Zeitpunkt des Auslösens zwischen zwei Menschen (der Muse und dem Fotografen) passiert, auf der Ebene von Emotionen, Empathie und Vertrauen. All diese Elemente sowie die dazugehörigen Entscheidungen kann mir die Kameratechnik nicht abnehmen. Wenn wir einmal die Grundannahme akzeptieren, dass zum Zeitpunkt des Auslösens alle primären Bildinhalte festgeschrieben sind bedeutet es auch, dass der Handwerkliche Prozess im Anschluss diese nicht mehr beeinflussen wird, sondern lediglich das vorhandene akzentuiert oder die Bildaussage unterstützt. Wenn diese für den Bildinhalt entscheidenden Aspekte nicht matchen, wird mich auch das Mysterium eines Leica Looks oder ein cooles Preset nicht retten. Wobei ich persönlich glaube das der Leica-Look mehr ein romantisches Gefühl als technisch nachweisbar ist. Ihr mögt es mir nachsehen und bitte jeder nur einen Stein.

Gleiches gilt für den handwerklichen Entwicklungsprozess in der Analog-Fotografie. Die Analogfotografie erlebt grade wieder eine Renaissance. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Motive analog zu fotografieren, immer zum gewünschten Ergebnis führen. Ich denke da ist der Wunsch schon mal der Vater des Gedankens. Es ist schlicht ein anderer Weg zum Ergebnis.

Ich möchte den Anteil der eingesetzten Kameratechnik in keiner Weise „kleinreden“. An dieser Stelle bitte richtig verstehen. Natürlich ist Kameratechnik unabdingbar um ein Bild zu erstellen. Sicherlich gibt es auch technische Rahmenbedingungen. Um nicht unscharf zu werden, möchte ich externe Vorgaben, z. B. durch den Kunden, einmal außen vorlassen. Ich kann durch den gezielten Einsatz akzentuieren und darüber den Bildbetrachter darin unterstützen, die gewünschte Bildaussage besser wahrzunehmen. Sei es den Blickwinkel über eine bestimmte Brennweite, den Freistellungsgrad, die Dynamik des Looks, einen veränderten Schnitt usw. Aspekte, die ich selbstverständlich auch in meiner Fotografie nutze! Ich steuere z. B. bewusst den Blickwinkel auf das Motiv über meine 50mm Festbrennweite und erziele über meine bevorzugte Blende von f 1.4 die gewünschte Freistellung. Dazu kurz am Rande: Ich verwende die Offenblende nicht vorrangig für ein tolles Bokeh. In erster Linie ist mir die Freistellung zum Hintergrund wichtig. Ich möchte, dass sich der Hintergrund, sei es eine Hafenkulisse oder ein möblierter Raum, zur Orientierung in die Geschichte einbindet (Storytelling), aber nicht vom Hauptmotiv ablenkt! Das damit verbundene Bokeh ist ein angenehmer Nebeneffekt. Aber all diesen Elementen setzten eine bewusste Entscheidung voraus. Hier gilt für mich „form follows function“. Der Look, Bokeh, (place any) muss dem Bildinhalt dienen und sollte nicht zum Selbstzweck werden, wie es der eine oder andere selbsternannte „Bokehschist“ gerne mal propagiert. Dies sind alles Faktoren die ich als Eingangsvoraussetzung sehe um mit der kreativen Arbeit zu beginnen. Es ist aber nicht ausreichend und es führt nicht zwangsläufig zu einem guten Ergebnis. Dieser Gedanke führt mich zur nächsten Frage:

Welchen Stellenwert hat denn dann die Kameratechnik in der Fotografie?

Zum einen denke ich es ist das was es ist: Ein Werkzeug. Und egal in welches „Markenlager“ ich schaue, fast jedes System ermöglicht es heute für unterschiedliche Aufgaben und Standpunkte handwerklich einwandfreie Abbilder zu schaffen. Und zum Beherrschen der erforderlichen Technik gehört dann, wie auch in jedem anderen Handwerk, üben, üben, üben.

Es sind die Vorlieben, die es zu achten gilt

Auch wenn es etwas plump klingen mag, geht es bei der Wahl der Kameratechnik nicht um die persönliche Entwicklung, sondern wie es bei Werkzeugen und Arbeitsweisen so ist, gibt es immer persönliche Vorlieben. Und genau hier sollte eine Differenzierung stattfinden. Ich denke jeder sollte die Technik und den Workflow einsetzen mit der er sich im Prozess am sichersten und wohlsten fühlt, um seine Vorstellungen zu transportieren. Und ihm Freude bereitet oder auch inspiriert. Schließlich sollte es unsere Begeisterung unterstützen und nicht zu einem notwendigen Übel werden. Dies beginnt bereits mit der Griffigkeit des Kamera-Bodys. Mit dem primären Ziel, sich auf das wesentliche fokussieren zu können, die Bildinhalte. Und wenn mich die Ästhetik z. B. einer Leica M besonders anspricht und motiviert, dann ist dies ein absolut legitimer Grund, zu diesem Modell zu greifen.

Dazu gehört es auch Barrieren zu erkennen und zu beseitigen. Hierzu einmal ein einfaches Beispiel aus meinen Workshops. Ich erlebe des Öfteren, dass Teilnehmer z. B. eine Budgetlinse einsetzen, deren Schärfe sie nicht vertrauen. Beim Life-Shoot beobachte ich dann, wie die stetige Erwartung unscharfer Bilder sie daran hindert, sich frei dem kreativen Prozess zu widmen oder den feinen Vertauensdraht zum Model aufrecht zu erhalten. Einfache Lösung ist sich dann um eine Linse zu kümmern, mit der ich mich sicher und damit auch wohl fühle. Wieder mit dem Ziel mich aufs wesentliche zu konzentrieren. Genau hier hat die Kameratechnik ihren Stellenwert.

Es bleibt aber immer noch die Grundvoraussetzung um mit der kreativen Arbeit starten zu können. Wenn aber die Technik zum Selbstzweck für „bessere“ Fotografie, persönliche Entwicklung als Fotograf, place any erhoben wird, denke ich, dass hier „Das Pferd von hinten aufgezäumt wird.“ Am Ende des Tages muss das Bild mit seinem Inhalt das Publikum überzeugen, egal wie es entstanden ist. Da gibt es viele verschiedene Wege, Prozesse und Vorlieben, die gleichermaßen zu einem guten Ergebnis führen.

Auch ein Grund, der mich dazu bewogen hat, meinen Workshop neu zu konzipieren. Ich habe mir Gedanken gemacht, was es denn tatsächlich ist, warum ein Bild mich berührt und ein anderes eben nicht. In meinen Workshops und Einzelcoachings „Porträtfotografie mit Seele“ fokussiere ich bewusst auf die Elemente, die auf der Ebene der Bildinhalte zu einem „guten Bild“ führen. Was genau sind die Zutaten dazu, dass mein Bild den Bildbetrachter berührt und ihn zum Verweilen einladen um sich eigene Gedanken zu machen. Sein Kopfkino anregt. Dazu gehört auch der Bereich der Soft-Skills zur Kommunikation, die für mich ein weiteres Essential zum Bildergebnis ist. Meine Workshops findet ihr HIER und einen sehr ausführlichen Beitrag zum Thema Modellkommunikation findet ihr HIER

In diesem Sinne euch eine gute Zeit

Euer Boris

 

 

Female Dandy | Vol. 2

Ich möchte euch hier eine Bildstrecke mit der bezaubernden Dilbar zeigen. Eine weitere, sehr besondere Strecke (Vol. 1), ist in gedruckter in “in between”, der elften Ausgabe meines FineArt-Magazins, veröffentlicht.

 

Buchrezession zu “Shades of Light”

Die Redaktion vom SWAN Magazine hat eine Buchrezession über meine zehnte Publikation “Shades of Light” herausgegeben und nicht nur sehr genau “zwischen die Zeilen” geschaut, sondern auch unerwartetes offengelegt.

Er hat sich selbst auf die Probe gestellt: In “Shades of Light” wechselt er die Locations, wie andere die Unterhosen. Ständig neues Licht, ständig veränderte Kulissen, sehr unterschiedliche Modelle, aber stets hat er die Situation im Griff und vermeidet geschickt die Wiederholung. “Shades of Light” lebt von der Abwechslung! Er greift nicht in die Trickkiste “welche Pose und Lichtsituation gelingt mir immer”, sondern bewegt sich frei und lässt sich von Location, Model und Kleidung zu immer neuen Motiven hinreißen.

Sieht man einmal vom Kunstsammler ab, so ist Numero zehn vor allem für Fotografen interessant, die ihre eigene Komfortzone verlassen wollen und das rund 100 Seiten starke Magazin als Inspirationsquelle nutzen zu wollen.

Zur ausführlichen Rezession geht es HIER  

 

 

Modell-Kommunikation oder der „Pudelwohlfühl-Faktor”

In diesem Beitrag möchte ich euch an meinen Gedanken teilhaben lasse, welchen Stellenwert die Kommunikation mit den Menschen vor der Kamera für mich und meine Bildsprache hat. Welche Elemente ich dazu einsetze, die „Dos and Don’ts“ für stimmungsvolle Bilder und wie unser unbedachtes Verhalten dazu führen kann, dass die Stimmung kippt.

Ich möchte mit meinen Bildern berühren, zum Nachdenken anregen und Empathie im Herzen auslösen. Das Beherrschen der Kamera ist für mich bestenfalls der erste Schritt dazu, von vielen. Wenn ich als Fotograf Bilder mit „Seele“ entstehen lassen möchte, muss sich der Mensch vor der Kamera pudelwohl fühlen, um sich zu öffnen. Stimmung schlägt Perfektion. Um dies zu erreichen, schlage ich dem Bildergebnis 85% der Stimmung am Set zu. Dazu gehört für mich alles was, im Umgang, sprich der Kommunikation, aber auch meiner persönlichen Haltung zu dem Menschen vor der Kamera, den „Pudelwohlfühl-Faktor“ unterstützt. Was wir auf einem Bild sehen ist, was zum Zeitpunkt des Auslösens zwischen zwei Menschen auf der Beziehungseben abläuft. Wenn da etwas nicht passt, lässt sich dies durch keine Nachbearbeitung der Welt reparieren. Höchstens durch laute Looks überspielen, was aber oft nicht zu besseren Ergebnissen führt.

Auch wenn ich mich mit dem Begriff Modell, im Zusammenhang mit den Menschen die sich mir anvertrauen, schwertue werde ich ihn hier der Einfachheit halber in der weiblichen Form verwenden. Der Begriff Modell passt einfach nicht zu der Art, wie meine Bilder entstehen. Nicht zu der Stimmung aus Empathie und Vertrauen, ohne die es diese authentischen Augenblicke nicht geben würde. Modell suggeriert Modellbusiness. Es geht um einen Job. Dies ist weit entfernt von meiner Art zu arbeiten. Dazu gehört auch mein Credo „Augenhöhe“. Wie erfahren oder unerfahren jemand ist, spielt in dem Augenblick in dem ich mich für eine Zusammenarbeit entscheide, keine Rolle. Man trifft sich auf Augenhöhe, um etwas Gemeinsames entstehen zu lassen.

Diese Bildstrecke mit Anita ist aktuell aus diesem Monat. Da Anita hier das erste Mal “so richtig” vor der Kamera steht, denke ich passen die Bilder gut zu diesem Thema.

Kommunikation vs. Vertrauen

In der Kommunikation geht es immer auch um Vertrauen. Was ist überhaupt Vertrauen? Vertrauen ist das unbestimmte Gefühl das ich sicher und geborgen bin, dass mir nichts Schlimmes passieren wird! Ziel ist es, etwas vereinfacht ausgedrückt, dass das Modell sich in jeder Sekunde gut fühlt und weiß, dass sie nicht das Problem ist. Um es etwas greifbarer zu machen ein kleines Beispiel, wie wir ganz unbemerkt diesen zarten Faden zerreißen: Der eine oder andere von euch kennt vielleicht die Situation in der man grade versucht ein unerklärbares Problem mit der Kamera zu lösen. Wir bemerken vielleicht nicht, dass uns die Einstellung auf Auto-ISO vom letzten Shoot dazwischenfunkt oder wir sind mit der Lichtsetzung unzufrieden (place any). Und wir in diesem nach innen gekehrtem Zustand, überhaupt nicht realisieren, dass der Mensch vor der Kamera immer unsicherer wird. Es gibt ja kein Grund über das technische Dilemma zu sprechen, sie sieht ja das ICH ein Problem habe. NEIN! Genau hier liegt des Pudels Kern. Alles was sie sieht ist ein Fotograf, der unzufrieden ist. Sie wird das Kommunikationsvakuum aber im Zweifel füllen mit „Er ist unzufrieden mit mir und er so unzufrieden, dass er nicht einmal Bilder zeigt.“ Ein ähnliches Vakuum erzeugen wir, wenn wir kommentarlos Bilder machen, keine Ergebnisse zeigen oder kein Feedback geben. Ihr lasst sie in diesen Augenblicken im Regen stehen. Das Verhalten ist übrigens grade bei den stilleren Kollegen verbreitet, die eher ökonomisch mit Sprache umgehen. Nichts gesagt ist genug gelobt! Ihr sollt dann auch nicht zum Entertainer werden. Die Lösung ist schlicht zu sprechen, über den Status zu informieren. Dies in eurer ganz individuellen Art. Ich sage dann meist etwas in der Art: „Ich kämpfe grade mit meiner Technik und mache Nerd-Talk mit meiner Cam.“ Die Reaktion ist dann meist immer die Gleiche, sie ist erleichtert, lacht vielleicht auch.

Warum neigen Frauen im Zweifel zu dem Gedanken nicht zu genügen? Ein Grund dafür ist sicherlich die Sozialisierung von Frauen. Frauen bekommen von Kindheit an über die Medien ein unerreichbares und vor allem unreales Schönheitsideal gezeigt, mit dem sie sich bewusst oder unbewusst tagtäglich vergleichen. Unterschwellig etabliert sich zwangsläufig die Überzeugung vielleicht nicht zu genügen. Was heißt dies konkret in der Kommunikation? Jedes Signal von Fotografenseite, das Interpretationsspielraum in diese Richtung lässt, wird ggf. falsch gedeutet. Das beginnt mit „Nicht sprechen“, über den skeptischen Blick auf dem Kameradisplay oder einer unbedachten Wortwahl. Die gute Nachricht! Wenn ihr euch dahingehend sensibilisiert, werdet ihr immer öfters bemerken, wann bzw. wie ihr dies auslöst und ihr könnt zeitnah reagieren und es für das Modell auflösen. Sprecht es einfach laut aus, woran ihr grade hängt. Ihr werdet überrascht sein. Sobald ihr es aussprecht, wird sie beruhigt sein und etwas in der Richtung sagen wie: „Ah, alles gut!“

Authentizität in der Bildsprache kommt auch von selbst authentisch zu sein

Seid immer Authentisch. Wenn ihr es nicht seid, wie wollt ihr es von eurem Gegenüber erwarten. Versucht nicht jemand anders zu sein oder Dinge zu überspielen. Es wird immer auffallen, zu Mistrauen führen und falsch gedeutet werden. Wenn ihr zum Beispiel ein Set komplett verhauen habt, überspielt es nicht. Sie wird eure Unzufriedenheit spüren, es aber auf sich beziehen. Ich spreche da übrigens aus eigener Erfahrung! Viele der Hinweise in meinen Beiträgen und Coachings gebe ich in dem vollen Bewusstsein, dass ich diese Fehler selbst ALLE schon gemacht habe. Ich hatte in den Anfängen z. B. Skrupel zu offenbaren, dass ich in der Euphorie, ein komplettes Set verhauen habe. Man will ja nicht als Anfänger dastehen und ihr unnütz die Zeit stehen. Schlau wie ich war hatte ich es dann überspielt mit: „Ich, probiere noch mal eine bessere Einstellung.“ Ich hätte es besser wissen sollen. Natürlich hatte sie meine Unzufriedenheit bemerkt und dass ich ihr keines der Bilder gezeigt habe, die ich mir kurz zuvor auf dem Display angeschaut habe, hat es noch verstärkt. Man kann nicht „NICHT kommunizieren“! Wenn ihr hingegen offen sagt: „Sorry, das Set habe ich grade total verhauen, wir müssen da noch mal ran.“ wird sie erst einmal beruhigt sein und entspannen, da sie nicht das Problem ist. Zum anderen macht es euch sympathisch, weil sterblich und nahbar! Denkt einmal an eure Vorgesetzten. Für welche wärt ihr eher durchs Feuer gegangen: Die „perfekten“ ich mache keine Fehler-Typen oder die, die mit ihren Fehlern offen umgehen konnten und es auf ihre Kappe genommen haben? Na? Wie gesagt: es geht immer auch um Vertrauen!

Modell-Kommunikation beginnt beim allerersten Kontakt

Die Kommunikation beginnt übrigens bereits beim (An-)Schreiben. Gebt so viele Informationen zu Idee, Stimmung, Ort und auch Euch Selbst preis, dass das Modell euch einschätzen kann. Einschätzen kann, was für ein Typ ihr seid und sich bildhaft vorstellen kann, wie der Tag, das Shooting verläuft und welche Art von Bildern entstehen werden. Dies gilt besonders, wenn ihr noch kein aussagefähiges Portfolio habt, das konsistent ist. Wenn ihr dies nicht beherzigt kann das Modell die Situation nicht einschätzen, es bleiben offene Fragen. Der Gedanke, sie kann ja nachfragen wird euch nicht helfen. Bei dem heutigen Overflow auf Social Media führen fehlende Infos meist zum Haltepunkt. Sie wird sich nicht melden. Dies hat meist nichts mit charakterlichen Eigenschaften des Modells zu tun, sondern schlicht mit den heutigen Anforderungen und dem Zeitgeist der jüngeren Generation. Die Kommunikation ist unterbrochen. Gedanken, wie: „Ja, wenn die Kommunikation schon beim schreiben stockt, wird es eh nichts…“ sind da oft fehl am Platz, da ihr selbst Teil der missglückten Kommunikation seid. Bevor ich da in eine „Huhn- und Ei-Denke“ rutsche, gilt für mich: „Recht haben wollen, oder glücklich sein.“ Ich entscheide mich in den meisten Fällen für letzteres und hake mit zusätzlichen Informationen nach. Hierbei ist es hilfreich, wenn ihr auf allen Kanälen konsistent und bestenfalls mit Klarnamen auftretet, euer Portfolio der Anfrage entspricht und euer Instagram-Profil auf sichtbar geschaltet ist. Wenn ich vertrauen erwarte muss ich transparent und als Mensch greifbar, einschätzbar sein. Jedes Fehlsignal würde wieder zu Misstrauen führen und die Kommunikation unterbrechen. Nicknamen wie, aktdieter66 oder lichtfänger66 sind da eher schwierig.

Sprecht die Aufnahmebereiche vorher so genau wie möglich ab. Grade wenn ihr auch in Unterwäsche oder Aktbereichen shootet. Bestenfalls mit Beispielbildern. Es geht wieder um Vertrauen. Sie weiß schon vorher, was für Bilder entstehen werden. Gleiches gilt natürlich für die Abstimmung, welche Art von Bildern in welcher Form veröffentlicht werden. Eine Abstimmung wie: „Von Porträt bis Akt, alles kann, nichts muss. Wir schauen dann einfach beim Shoot.“ ist meines Erachtens nach so ziemlich die schlechteste Art und Weise der Abstimmung. Jeder liest, was er lesen möchte und die Hoffnung stirbt zuletzt. Etwas überzeichnet: Der Fotograf hofft darauf seine Bildideen im Aktbereich umzusetzen das Modell möchte eigentlich nur Fashionbilder. Beide Seiten werden enttäuscht sein! Und es bleibt ein ungutes Gefühl beim Modell. Im Vorfeld, bei der Anfahrt und während des Shoots dazu, wie denn die Erwartungen des Fotografen tatsächlich sind. Und dieses ungute Gefühl werden wir dann auch auf den entstandenen Bildern sehen. Ich erinnere: Vertrauen ist das unbestimmte Gefühl das ich sicher und geborgen bin, dass mir nichts Schlimmes (ungewolltes) passieren kann!

Die Macht der Voice Massage. Wenn ich auf Social Media jemanden entdecke, die zu meinen Bildern passt, schreibe ich mit den Eckwerten zu meiner Idee an. Kommt ein Kontakt zustande sende ich meist als nächstes weitere Infos per Voice Massage. „Wie ich dann deine sympathische Stimme gehört habe, dachte ich: Alles gut.“

Warming-up

Auch wenn ihr gefühlt unter Zeitdruck steht, nehmt euch ausreichend Zeit für das gegenseitige Kennenlernen. Gebt dem Modell die Möglichkeit anzukommen, sich zu orientieren um ganz bei sich zu sein. „Ich schnacke immer erst zwei Stunden mit dem Modell bevor ich zur Kamera greife.“ ist für mich allerdings nicht der richtige Ansatz. Dies wäre mir zu methodisch und dogmatisch! Es setzt voraus, dass alle Menschen gleich sind. Für mich ist es wichtig zu spüren, was ich und sie als Warming-up brauchen. Es gibt Menschen, da spüre ich sie brauchen Zeit und wir plaudern dann tatsächlich eine Stunde oder mehr. Andere sind vielleicht eher zielorientiert und ungeduldig mit sich und entspannen erst, wenn das Shooting startet um einzuschätzen wie es sich anfühlt und wie die Ergebnisse ausschauen! Jeder ist anders.

Ich nutze für das Warming-up gerne auch die Klamottenauswahl. Es ist eine ungezwungene Situation, da man an etwas Gemeinsamen arbeitet. Sie kann mich auch einmal in Ruhe beobachten, während ich grade verzweifelt versuche aus 30 Teilen einige wenige aber passende Kombinationen zusammen zu stellen um den Überblick zu behalten. Und es gibt die ersten gemeinsamen Geschichten, während wir über das eine oder andere Kleidungsstück lachen. Haben ist bekanntlich besser als brauchen.

Modell-Führung

Die Modell-Kommunikation beinhaltet immer auch die Führung und Unterstützung, soweit notwendig, während des gesamten Shoots. Wenn es um die Modell-Führung geht, arbeite ich immer mit Stimmungen und führe über Gesten anstelle von sachlichen Anweisungen. Warum betone ich dies? „Schau mal nach links.“ Von wem ausgesehen? „Geh mal einen halben Meter vor.“ (place any). Es sind alles skalierende Sachinformationen, die sie aus dem Fühlen herausreist, weil ihr sie auf die Sachebene zieht um eine „Aufgabe“ zu lösen. Wenn ich sie in eine Richtung orientieren möchte, deute ich es mit einer entsprechenden Handbewegung oder Geste durch den Raum an, der sie intuitiv folgen kann. Ich arbeite auch gerne mit Bildern begleitet mit einer Handbewegung, wie: „Bleib in dieser Pose und dreh, als wenn ich dich auf einen Teller stehend in diese Richtung drehen würde.“ Oder ich lasse ihren Blick meiner Handbewegung folgen, bis die Blickrichtung für mich stimmig ist. Schau mal in Richtung Wand könnte problematisch werden. Besser schau einmal auf das Bild an der Wand oder diesen Baum da unten (durchs Fenster) auf der Wiese. Wenn ihr die Blickrichtung orientiert, sucht etwas was sie fokussieren kann, damit der Blick nicht ins Leere geht.

Kamera-Display Feedback

Zeigt regelmäßig Bilder der einzelnen Settings. Es ist für das Modell sehr wichtig zu sehen, wie sie auf den Bildern wirkt um entspannt weiter zu shooten, oder etwas zu korrigieren. Umso sicherer geht sie für sich in das nächste Set. Übrigens tut ihr euch dabei einen ebenso großen Gefallen. Zeigt bei jedem neuen Setting das Einstellbild. Hier seid ihr nicht unter Ablieferdruck. Sie wird euch aber genau sagen, was nicht passt oder automatisch ihre Pose korrigieren. Ein Klassiker: „Du Boris, soll das mit dem Haargummi am Handgelenk so?“ während sie es bereits abstreift und gleichzeitig eine Strähne, die mir gar nicht aufgefallen ist, aus dem Gesicht wischt. Das funktioniert auch, wenn ihr eine Pose unvorteilhaft findet. Zeigt einfach das Bild ohne Bewertung!!: „Was meinst du?“ Frauen haben ein natürliches Empfinden für Ästhetik, besonders wenn es um den eigenen Körper geht und werden es in den meisten Fällen automatisch korrigieren. Da wird bereits schon, während sie das Bild betrachten, das Bein umgesetzt und es passt. Ihr werdet es per sachlicher Anweisung nie stimmig korrigieren können. Wenn dann die Handhaltung euren Vorstellungen entspricht, passt wahrscheinlich der Rest nicht mehr. Überlasst es dem Körpergefühl des Modells, gebt ihr Zeit sich stimmig einzugrooven und holt euch dann eure Bilder ab. Wenn etwas partout nicht so klappt, wie ihr es im Kopf habt, lasst los und geht in das nächste Setting.

Die Unsicherheit des ersten Settings

Grad der Start, beim aufeinander Eingrooven, ist mit anfänglicher Unsicherheit auf beiden Seiten verbunden. Wenn notwendig, versuche ich sie beim Einstieg in das erste Setting sicher zu begleiten. Ich stelle mich zu Beginn meist auf die Position, auf der ich sie gerne hätte und lade sie dann ein mich abzulösen. Wenn ihr noch beim „Lichteinstellen“ seid, signalisiert es ihr. Ich sage dann meist: „Ich mache erst einmal Nerd-Talk mit meiner Kamera, du brauchst noch nichts zu machen.“ Es macht keinen Sinn sie bereits mit voller Energie in den Shoot gehen zu lassen, wenn ihr noch gar nicht wisst ob ihr von der Lichtsetzung her überhaupt an der Position starten würdet. Wenn sie noch unsicher ist wissen ihre Hände meist nicht wo sie hinsollen. Dies erkennt ihr daran, dass sie ein wenig hilflos mit beiden Händen parallel auf und ab sucht. Das ist der Punkt, wo ihr unterstützen müsst. Ziel ist es, dass sie eine lässige Pose findet mit der sie sich wohl fühlt, vielleicht auch typisch für sie ist, wenn sie bei einer Freundin in der Küche stehen würde. Beispielsweise eine Hand lässig in die Hüfte. Sobald eine Hand für sie stimmig ist, greift das Körpergefühl und die zweite Hand ist vergessen. Übrigens ist es mir egal, ob ich die Pose mag oder nicht. Es geht um einen entspannten Einstieg und Selbstvertrauen beim „Posing“.

Nicht-Posing

Wenn ich übrigens den Begriff Posing verwende, bezieht es sich lediglich auf die natürliche Körperhaltung, Blick usw. Nicht gemeint ist, dass mechanische abspulen einstudierter Posen. Das sind Prozesse, die ich dann unterbreche, weil sie meist off-topic, knapp an authentisch vorbei gehen. Ich sage immer: “Macht oder erzwingt nichts für die Kamera.” Dies mag für andere Genres sicherlich gut funktionieren, für meine Bildsprache ist es kontraproduktiv. Dazu gehört auch, dass ich nicht von jedem Modell die gleiche gestreckte Lieblingspose an der Wand erzwinge. Der Standardspruch: “Wenn es weh tut wird es gut.” gilt nicht für jedes Genre!

Ich arbeite von einem „Startpunkt“ oft im Flow mit natürlichen Bewegungsabläufen, die einer Funktion folgen. Also Sinn machen und dadurch stimmig wirken. Ein einfaches Beispiel: „Halte die Hände mal an deine geöffnete Bluse“ führt eher zu verunglückten Posen, die oft nicht stimmig sind. Anders wäre: „Knöpfe bitte einmal deine Bluse auf und schau dabei auch auf deine Hände, so wie du es normalerweise auch machen würdest, wenn keine Kamera da ist. Ihre Bewegung folgt einer Funktion und wird darüber automatisch stimmig, ohne dass sie sich Gedanken über „Posing“ machen muss. Oder: „Halte den Becher in den Händen oder am Mund.“ wird zu anderen Bildergebnissen führen, als: „Halte den Becher als wolltest du die die Hände daran wärmen.“ oder „Trinke einen Schluck aus dem Becher, während du aus dem Fenster schaust.“

Ich arbeite auch gerne mit Moodbildern, hauptsächlich um die gewünschte Stimmung zu transportieren. Aber auch um ihr den intuitiven Einstieg in ein Setting zu erleichtern. Bilder sagen mehr wie tausend Worte. Es geht mir aber nicht um das genaue Nachstellen dieses Bildes. Nach dem Einstieg in eine bestimmte Pose lasse ich sie diese im Flow weiterentwickeln! Ziel ist es ihr, soweit notwendig, einen guten Einstieg zu ermöglichen! Läuft! Übrigens gehört auch das Auslösegeräusch zur Kommunikation. Bei einer lautlosen Auslösung fehlt dem Modell das Signal, dass es weitergeht. Es ist wie der Takt beim gemeinsamen Tanz. Auch wenn ihr denkt: „Es läuft doch.“, sie wird unsicher werden, da auch hier die Kommunikation unterbrochen ist. Auf den „coolen“ Schärfe-Piepton dagegen solltet ihr verzichten, er lenkt nicht nur ab sondern hat auch keinen Mehrwert. Stellt eure Cam einfach auf Schärfepriorität und gut.

Authentizität vs. Stimmung

Es geht mir immer auch um Authentizität, um Stimmigkeit. Dies betrifft sowohl die Körperhaltung, Blick aber auch die gewünschte Stimmung während eines Settings. Damit etwas vom Bildbetrachter als stimmig und nicht aufgesetzt wahrgenommen wird, muss das Modell diese Stimmung aber auch fühlen und nachspüren können. Alles was sie hindert in die gewünschte Stimmung hinein zu gehen oder sie aus dieser herausreist ist kontraproduktiv. Wenn ich innerhalb eines Settings sehr ruhige, melancholische bis traurige Bilder haben möchte, dann sage ich nicht: „Guck mal nachdenklich oder melancholisch oder traurig.“ das ist eine Anweisung die das Modell wieder auf die Sachebene zieht, sie wird versuchen es wie eine Rechenaufgabe richtig umzusetzen. Aber sie wird es deswegen nicht fühlen. Es wird dann im Ergebnis immer aufgesetzt und knapp an stimmig vorbei gehen. Was bedeutet dies für die Umsetzung? Arbeitet auch hier mit Stimmungen und Emotionen, nicht mit rationalen Anweisungen.

Um uns in die gewünschte Stimmung zu bringen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Ich kann sie einladen an etwas Schönes oder Trauriges aus ihrer Wirklichkeit zu denken. Gleichzeitig passt sich auch meine Stimmlage an, ich spreche ruhiger, leiser so wie ich es fühle oder fühlen möchte und ich nutze immer auch die Macht der Musik. Es gibt kein Shoot ohne Musik. Außer wir shooten Outdoor und die Distanz, das Meeresrauschen (place any) lassen es nicht zu. Wer einmal ein Stück von Ludovico Einaudi gehört hat, weiß was ich meine. Ich habe eine eigene Playlist. Bei einem Shoot spielte ein Klavierstück von Ludovico Einaudi. Ich hatte es da tatsächlich überhaupt nicht wahrgenommen. Aber beim gemeinsamen Betrachten der Bilder auf dem Kameradisplay ist uns gleich aufgefallen, wie ihr Ausdruck plötzlich von einer Traurigkeit beseelt war. Die Macht der Musik. Deswegen ist es auch nicht immer die beste Lösung sie, ihre Lieblingsmusik hören zu lassen. Ich habe herausgefunden, dass z. B. Heavy Metal nicht immer zur gewünschten Stimmung passt.

Barriere Technik

Ein Grund, warum ich ausschließlich mit natürlichem Licht, ohne Aufheller und anderem Technik-Equipment arbeite ist, dass ich zwischen mir und dem Menschen vor der Kamera einen natürlichen Kontakt aufbauen und aufrecht halten möchte. Alles was als Barriere dazwischensteht und um das ich mich nebenher noch geschäftig kümmern muss, ist für meine Bildsprache und meine Art des Fotografierens im Flow und in der Bewegung einfach störend und kontraproduktiv. Ich wurde in einem Livestream einmal gefragt, ob ich auch mit Kunstlicht arbeiten würde, wenn es sich genauso wie Tageslicht verhält. Dazu muss erwähnt werden, dass ich für meine Bildsprache und das Storytelling gerne eine möblierte On-Location oder interessante Outdoor-Location mit all seinen Facetten und Tiefen nutze. Auch wenn es im Hintergrund nur eine andeutungsweise Orientierung bietet. Das Leben passiert in meinen Bildern nicht vor einem weißen Studiohintergrund. Sprich: Diese Hypothetische Frage blendet aus, dass ich mehrdimensional in alle Richtungen arbeite und dies dann auch in der gemeinsamen Bewegung, im Flow mit dem Modell. Egal wie diese Lichtquelle ausschauenden würde, sie wäre mir immer im Weg und spätestens beim Schwenk zu Gegenlichtaufnahmen auch im Bild.

Störungen gehen vor

Ein shoot ist von der ersten bis zur letzten Sekunde ein fließender Kommunikationsprozess. Ich shoote im Flow, bestenfalls in der gewünschten Stimmung. Es ist wie ein gemeinsamer Tanz, der uns die Kamera vergessen lässt und bestenfalls einfach nur aus Spaß an der gemeinsamen Arbeit und an wundervollen Bildern besteht. Wenn dies das Ziel ist, heißt es für die Kommunikation: Alles zu tun, was dies unterstützt und alles zu vermeiden was dies blockiert bzw. sofort damit aufzuhören, sobald ihr es bemerkt.

Störungen gehen vor: Wenn ihr eine Störung wahrnehmt, sprecht es an und löst es auf. Die schlechteste Lösung ist es zu überspielen und mehr desselben zu machen. Ich hatte in einem Shoot, ich glaube beim dritten Outfitwechsel das Gefühl, dass das Modell unsicher ist. Meine Auflösende Frage dazu war (mit ehrlichem Wohlwollen formuliert): „Kann es sein, dass du dich mit dem Outfit nicht wohl fühlst?“ Ihre Reaktion darauf war dann auch erleichtert: „Obwohl man weniger sieht, fühle ich mich damit irgendwie zu nackt, ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll.“ Ich dazu: „Brauchst du gar nicht, alles gut! Wir nehmen einfach das nächste Outfit.“

Wenn ihr merkt, dass sie verkrampft, vielleicht der Blick angestrengt wirkt holt sie mit einem kurzen Break wieder raus um locker zu werden. Lasst sie nichts für die Kamera machen. Genauso, wenn ihr merkt, dass ihr euch grade an einer Idee festbeißt, diese aber nicht zufriedenstellend umgesetzt bekommt. Macht auch da einen Break und geht an ein neues Setting. Alles andere führt zu Demotivation und Spannungen. Und letztlich zu „schlechten“ Bildergebnissen. Macht auch regelmäßig Pausen. Ich kenne es aus eigener Erfahrung, wenn ich einmal an einer Idee dran bin finde ich kein Ende. Ich bin dann einfach so Begeistert, dass ich mehr desselben mache. Oder ich merke, dass mir die Ideen ausgehen und ich grade leerlaufe. Wie auch immer, es sind alles gute Anlässe für einen Break damit wir uns wieder sammeln können, um dann mit frischer Motivation in das nächste Setting einzusteigen. Ich nutze die Pause dann auch um zu schauen ob mir eine geplante Idee abhandengekommen ist.

Follow-up abzustimmen

Genauso wichtig ist es, das Follow-up abzustimmen: „Wie geht es nach dem Shoot weiter? Was passiert mit den Bildern nach dem sie aus der Tür raus ist?“ Ich mache nach dem Shoot immer eine sorgfältige Vorauswahl, aus der sowohl Modell als auch ich unsere Favoriten auswählen, siehe auch Bildauswahl. Das heißt, wenn sie sich in den Zug setzt, weiß sie genau, dass sie alle Bilder die für eine Veröffentlichung in Frage kommen, vorab zu sehen bekommt und ggf. auch ein Veto einlegen kann. Sie behält die Kontrolle und das gute Gefühl. Ist dies nicht geklärt oder kommuniziert, wird sie sich vielleicht bereits auf der Rückfahrt fragen: „Hat er vielleicht schon ein „unvorteilhaftes“ Bild aus dem Shoot gepostet?“ Wenn ich vorab etwas posten möchte, zeige ich es ihr einfach vorher und frage.

Die Punkte hier sind u. a. auch ein Teil der Inhalte, die ich in meinen Coachings und Workshops vermittle. Ich hoffe ich habe euch meine Sicht vermittelt und ihr könnt die eine oder andere Anregung für euer nächstes Shooting mitnehmen.

Ich wünsche euch eine gute Zeit

Euer Boris