März 2022

Warum ich einen großen Teil meiner Zeit in die Bildauswahl investiere

Es gibt mindestens zwei Chancen für ein „gutes“ Bild. Ein „gutes“ Bild während des Shoots einzufangen wäre die Grundvoraussetzung, aber es dann auch bei der Bildauswahl im Vergleich zu weniger guten Bildern zu erkennen und auszuwählen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Ich werde euch hier zeigen wie ich meine Bildauswahl mache und welche Aspekte mir da besonders wichtig sind. Auf die Frage: „Was ist ein gutes Bild?“ werde ich Ende mit meinen ganz persönlichen Gedanken eingehen.

Wer von euch wählt freiwillig das zweitbeste Steak?

Bildauswahl ist immer noch ein stark unterbewertetes Thema und wird nicht selten recht stiefmütterlich behandelt. Es ist ein offenes Geheimnis: Viele Fotograf*innen nehmen sich nach dem Shoot nicht die Zeit für eine sorgfältige Bildauswahl. Dafür gibt es sicherlich unterschiedliche Gründe. Und ja, eine differenzierte und methodische Bildauswahl erscheint, im Vergleich zu anderen Phasen wie Planung, Spaß am gemeinsamen Shooten und der Bildbearbeitung, oft als die unangenehmste Aufgabe. Hier wird dann gerne mal abgekürzt. Aber grade in dieser Phase gibt es ungleich mehr zu gewinnen. Wir investieren viele Stunden in Ideenfindung, Abstimmung, Vorarbeit, Shooting und vielleicht auch in eine aufwändige Bearbeitung der Bilder. Warum dann nicht auch in die Bildauswahl, die mit darüber entscheidet ob ihr nach 90 Minuten Spielzeit und entsprechenden Torchancen den Ball ins Tor bringt, oder eben nicht! Es mag jetzt etwas überzeichnet klingen, aber was bringt es, Zeit in ein Bild zu stecken und es Top bearbeitet zu veröffentlichen, wenn es in der Bildaussage eher zu den schwächeren gehört. Es bedarf übrigens in mehrerlei Hinsicht Zeit: Zum einen für die Auswahlläufe aber auch Zeit es liegen zu lassen um emotionalen Abstand, von der Stimmung während des Shoots, zu gewinnen. Wenn ich höre: „Ich stelle dem Model gleich nach dem Shoot alle entstandenen Bilder für ihre Auswahl zur Verfügung.“ Gleichzeitig gibt es Klagen wie: „Das Model hat genau die Bilder ausgewählt, die ich nicht genommen hätte.“ Hmm, schwierig. Sicherlich haben wir da auch unterschiedliche Ansprüche.

Meine Motivation

Ich möchte nicht verhehlen, dass die Motivation für eine bedachte Bildauswahl auch bei mir nicht vom Himmel gefallen ist. Auslöser waren meine Printpublikationen. Mit dem Schritt meine Arbeiten in gedruckter Form im Eigenverlag zu veröffentlichen und dabei nicht nur richtig Geld in die Hand zu nehmen, sondern auch etwas Bleibendes zu schaffen, an dem ich nach Jahren noch gemessen werde. Auch an den schlechten Ergebnissen. Wenn ich einen Bildband veröffentliche, steht dieser noch Jahre bei euch im Regal und wird immer mal wieder als Inspirationsquelle herausgenommen.

Aber sollte der gleiche Maßstab nicht auch für Bilder oder Bildstrecken gelten, die ich auf Social Media veröffentliche? Ich poste z. B. auf Instagram gerne auch kleine 10er-Bildstrecken. Sprich, sollte es für die Qualität der Bildauswahl nicht egal sein, wo diese veröffentlicht werden? Dies war zumindest der Gedanke, der sich mir aufgedrängt hat, nachdem ich mich intensiver mit dem Thema beschäftigt habe. Es wäre irgendwie wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde, ich würde mit zweierlei Maß messen. Meine methodische, sehr intensive Sicht auf meine Arbeiten ist für mich tatsächlich ein stetiger Next Level in meiner Fotografie (warum dies so ist, dazu hier gleich mehr) und sie bringt mir, abgesehen vom zeitlichen Aufwand, nur Vorteile. Ein guter Grund diesen Maßstab für alle meiner Shoots in meinen Workflow umzusetzen. Es macht durchaus auch für meine Veröffentlichungen Sinn, da ich zum Zeitpunkt des Shootings nicht immer weiß, ob und wie es in einem meiner Print-Publikationen veröffentlicht wird. Heute ist es fester Bestandteil meines Workflows, auf den ich nicht mehr verzichten mag!

Kill your Darlings: Stetiger NEXT LEVEL

Der intensive Dialog während der Bildauswahl verhilft mir zu einem differenzierten Zugang zu meinen Bildern, auch den „schlechten“. Ich kann mich nicht mehr verstecken und muss mich meiner Selbstkritik stellen. Dieser Prozess, immer wieder aus Neue abzuwägen, macht etwas ganz Entscheidendes mit mir. Ich begegne mir und meinen Bildern auf eine sehr intensive Weise. Die ausgewählten Bilder und Bildstrecken müssen allen eigenen Gedanken dazu standhalten. Dies ist nicht immer angenehm! Aber es schult meinen Blick, da ich aus jedem Auswahlprozess mit neuen Gedanken herausgehe. Unabhängig davon, wie perfekt ich es umgesetzt habe. Das heißt, auch wenn ihr noch nicht so versiert darin seid und es sich erst einmal holperig anfühlt, werdet ihr davon profitieren! Ihr werdet euch jedes Mal etwas besser kennenlernen und mehr dazu erfahren, wie ihr hinter der Kamera tickt.

Bildauswahl mit Abstand

Wenn Bilder sehr zeitnah, vielleicht auch aus der Euphorie der Stimmung beim Shoot noch am selben Tag, aus der Masse ausgewählt werden, haben diese nach zeitlichem Abstand nicht immer die gedachte Wirkung. Woran liegt das? Wenn ich eine tolle, vielleicht auch euphorische Stimmung beim Shoot hatte (ob nun gerechtfertigt sei mal dahingestellt) bewerte ich nicht das Bild, sondern die Stimmung, die ich persönlich noch im Kopf habe. Das wird nur ein Betrachter nicht nachvollziehen können. Das eigentliche Bild wird überlagert und hält vielleicht nicht, was ich mir grade verspreche. Wenn ich mich beim Shoot z. B. wie irre über den krassen Lichteffekt begeistere, diesen dann fix in der Post akzentuiere um es am selben Abend noch zu posten, bzw. zeigen zu können, entgeht mir vielleicht, dass die Pose des Modells bei dem gewählten Bild eher unvorteilhaft ist. Erst mit Abstand und Methode gelingt es mir, Bilder im Vergleich zu bewerten. Ich spreche übrigens aus eigener Erfahrung. Ich habe es schon oft erlebt, dass Bilder mit zeitlichem Abstand betrachtet nicht mehr so stark sind. Und andere Bilder aus dem gleichen Setting die Stimmung wesentlich stärker transportieren.

Funfakt: Übrigens ist es ein Irrglaube das die Community bereits auf die Bilder meines heutigen Shoots wartet. Da draußen weiß niemand woran ich grade arbeitet. Der Zeitpunkt für ein gutes Bild ist egal. Es sollte aber eben ein gutes Bild sein und kein Schnellschuss oder wenn ich bei meiner Metapher bleibe: „Das zweitbeste Steak“. Die Dringlichkeit etwas zu Posten spielt sich ausschließlich in unseren Köpfen ab.

Im Vergleich die Wahl zu haben

Im Vergleich die Wahl haben ist bereits eines der wichtigsten Methoden der Bildauswahl. Bilder immer im Vergleich zu sehen bedeutet: Ich habe ein korrigierendes Maß und vor allem die Wahl. Ich habe es nicht selten, dass ich ein einzeln betrachtetes Bild richtig cool finde, dann aber im Vergleich ein anderes sehe, das stärker im Ausdruck ist, einen Tick zufälliger wirkt oder die Augenstellung noch stimmiger ist. Genau dieser Vergleich macht es mir dann aber ungleich leichter das „richtig coole“ Bild herauszunehmen. Ich bekomme bei einer methodischen Bildauswahl Handlungssicherheit. Grade bei etwas größeren Bildmengen verliert man bei einer intuitiven, eher zufälligen Bildauswahl schnell den Überblick und sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht.

How I do it

Hier einmal als Anregung die hard facts zu meinem Workflow. Sicherlich gibt es auch andere Herangehensweisen, die genauso gut zum Ziel führen. Diese passt einfach gut zu mir und meinem Mindset. Da ich kein Freund von Systembrüchen bin, habe ich mich auch bei der Bildauswahl für einen Workflow in LR entschieden, der nach dem Bildimport startet. Kurz dazu: Mein „Führungsworkflow“ findet in LR statt. Ich importiere die Bilder nach einem Shoot in LR und husche nur, für die zur Bearbeitung ausgewählten Bilder, für die Hautretusche nach PS und dann im Tiff-Format wieder zurück zu LR. Alle weiteren Bearbeitungsschritte, wie Schnitte, Bildlook usw. erfolgen bei mir in LR. Meine Bildauswahl erfolgt über Sternchen. Ich grenze meine Bildauswahl über das Hinzufügen von Sternchen ein, entscheide mich also „für Bilder“. Und kümmere mich nicht mehr um die Bilder, die auf der Strecke bleiben.

Erster Stern: Von Ballast trennen

Den ersten Durchlauf mache ich meist sehr zeitnah und vergebe das erste Sternchen intuitiv für alle Bilder die „halbwegs“ meinen Geschmack treffen. „Stopp! Boris wie war es jetzt mit deinem Tipp: Abstand?“ Hier besteht tatsächlich noch keine Gefahr „gute“ Bilder zu verlieren, da die Einstiegsschwelle für die nächste Runde noch sehr niedrig ist. Ziel ist es, möglichst viel Ballast loszuwerden, um bei der Feinauswahl wesentlich motivierter und frischer an den Start zu gehen. Einfaches Arbeitsprinzip der Motivation: Hast du einen großen Berg vor der Brust teile in so schnell wie möglich in kleine Stücke, sonst schiebst du ihn ewig vor dir her.

Zweiter und Dritter Stern: Vorauswahl // Bilder im Vergleich bewerten

Der zweite Durchlauf erfolgt frühestens! einen Tag nach dem Shoot oft später, damit ich Abstand zur „Euphorie“ des Shootings habe. Hier befasse ich mich mit den Bildern, die beim ersten Durchlauf einen Stern erhalten haben (sprich ich setze den Filter in LR auf einem Stern). Ab hier gehe ich methodisch vor. Ich nehme 4 bis 5 Bilder (variiert nach Bildmaterial) im Vergleich und vergebe für zweien davon den zweiten Stern. Der Dritte Durchlauf erfolgt im zeitlichen Abstand in gleicher Weise. Ich filtere in LR nach den 2-Sterne Bildern und vergebe aus einer überschaubaren Auswahl wieder im Vergleich den dritten Stern. Wenn die Bildmenge des 3-Sterne-Pool dann immer noch zu groß erscheint, mache ich eine “Rückschleife” und wähle wieder im Vergleich raus. Das hängt immer ein wenig mit der Anzahl unterschiedlicher Settings und der Diversität zusammen.

Der jetzt gewonnene Pool der 3-Sterne Bilder ist dann meine Vorauswahl, die ich auch dem Modell für ihre Bildauswahl zur Verfügung stelle (Vorschaubilder mit OOC-Logo, via Dropbox). D.h. sowohl das Model als auch ich greifen in dieselbe Auswahl, um dann unsere finalen Favorits auszuwählen. Das hat auch den Vorteil, dass sie bereit sieht, auf welche Bilder ich für meine Favorits zugreifen würde und ggf. immer noch ihr Veto einlegen kann. Bei einem normalen Shoot darf das Model aus dieser Vorauswahl ca. 10 Favoriten (angepasst an die Anzahl und Diversität der Settings) auswählen, die dann auch garantiert von mir bearbeitet werden. Sie bekommt im Anschluss selbstverständlich auch meine bearbeiteten Favoriten. Da ich ausschließlich auf TfP-Basis arbeite, sprich alle Parteien ihre Zeit für gute Bildergebnisse investieren, gilt für mich das Gleichberechtigungsprinzip auf Augenhöhen. Bei Langzeitprojekten mit demselben Model verfahre ich etwas anders. Da erfolgt die finale Bildauswahl erst nachdem alles auf dem Tisch liegt. Auch wenn wir zwischenzeitlich schon das eine oder andere Bild heraussuchen und bearbeiten. Übrigens lösche ich nach Bearbeitung und Übergabe der Bilder alle Bilder mit „kleiner/gleich“ einem Stern. Ich habe aus hunderten von Shoots die Erfahrung gemacht, dass ich auf diese Bilder nicht mehr zurückgreifen würde. Denkt einmal an euren Dachboden.

Vierter Stern: Finale Bildauswahl

Da ich schon immer in Bildstrecken denke und Shoote, geht es bei meiner Bildauswahl oft darum diese in Form einzelner Bildstrecken zu finalisieren, unabhängig davon ob es irgendwann in gedruckter Form publiziert wird oder als Bildstrecke oder Einzelbilder auf Social Media bzw. meiner Homepage o. ä. veröffentlicht wird. Meine finale Bildauswahl mache ich meist zweistufig (abhängig von der Bildmenge). Ich vergebe innerhalb des 3-Sterne-Pools in LR wieder im Vergleich „großzügig“ einen vierten Stern. Diese Auswahl drucke ich dann aus, um die finale Bildauswahl „analog“ vorzunehmen. Ich habe mir in LR ein einfaches Drucklayout erstellt: 6 Bilder auf einer DIN A4 Seite, inkl. Schnittmarken und Bildnummer. Das Ganze wird auf einem einfachen SW-Laserdrucker ausgedruckt. Danach schneide ich die Bilder mit einer einfachen Schneidemaschine zu. Ihr habt dann die Größe „Polaroid Format“. Das reicht absolut aus, ist kostengünstig und dauert nur wenige Minuten!

Vierter Stern bedeutet übrigens: „Wird bearbeitet“. Wenn das Model mir ihre Favoriten nennt, bekommen diese auch einen vierten Stern und eine Farbmarkierung, damit ich die Bilder ihrer Auswahl zuordnen kann.

Warum überhaupt ausdrucken?

Wenn ich z. B. aus einer Vorauswahl von 60 Bildern eine in sich stimmige (was auch immer das heißt) Bildstrecke zusammenstelle, die vielleicht auch noch eine Geschichte erzählt, ist dies aus unterschiedlichen Gründen am Monitor schlicht nicht leistbar! Unabhängig wie erfahren ihr seid. Manches Mal gibt es z. B. zu Beginn und zum Ende des Shoots Bilder mit gleicher Bildaussage. Diese würden in einer LR-Ansicht am Monitor schwer zueinander finden, da sie in der digitalen Bildauswahl an unterschiedlichsten Positionen stehen. Die nächste Hürde wäre das Puzzeln der Reihenfolge. In ausgedruckter Form kann ich alle Bilder so lange hin und her schieben und Bilder herausnehmen und wieder reinsetzen, bis es für mich stimmig ist. Ich habe immer den Blick auf das Gesamtbild. Diese Bildstrecken liegen dann auch Tage oder länger auf meinem Parkettboden, werden immer mal wieder mit Abstand betrachtet, in der Reihenfolge verschoben oder einfach Bilder wieder herausgenommen um zu schauen ob diese wirklich in der Story fehlen würden.

Es gibt auch Bilder die ich als Einzelbild betrachtet unfassbar gut finde, die sich aber nicht in die Bildstrecke fügen wollen. Dies erkennt ihr aber erst beim Aufbau der Strecke. Dann gibt es wiederum Moodbilder die als Einzelbild zu schwach sind, für die Strecke aber sehr wichtig.

Bild Fuerte, Marie (Lavendelblüten)

Wenn ich jetzt z. B. in meiner Auswahl vier Bilder mit gleicher Bildaussage habe, die einzeln betrachtet sehr stark erscheinen und diese dann zueinander lege, kann ich im Vergleich recht schnell entscheiden, welches für meine Story das stärkste oder passendste ist. Es geht wieder um Handlungssicherheit. Im Vergleich eine sichere Wahl zu treffen um dann auch mit einem guten Gefühl loslassen zu können. In der digitalen Welt (am Monitor) werdet ihr schnell den Überblick verlieren, da für das Gesamtbild oft mehrere Kriterien eine Rolle spielen. Ihr werdet natürlich auch am Monitor Entscheidungen treffen. Ab einer gewissen Komplexität werdet ihr aber merken, dass es sich unsicher anfühlt.

Probiert es einfach mal mit einer Auswahl eurer Bilder aus einem Shooting aus! Ihr werdet überrascht sein welchen Mehrwert ihr mit wenig Auswand bekommt, und welche Handlungssicherheit, vorausgesetzt ihr habt da den Anspruch nicht das „Zweitbeste“ zu zeigen. Ich höre da oft: „Ist ja nur für Instagram.“ Ich mache es selbst für eine Strecke von 5 bis 10 Bildern die ich z. B. als Bildstrecke im Feed auf Instagram poste. Wenn man diese Routine einmal verinnerlicht hat geht es wirklich ratz fatz eine sichere Auswahl zu treffen.

Fallstrick Redundanz

Eine der größten Fallstricke bei der Veröffentlichung von Bildern oder Bildstrecken ist Redundanz. Ich habe viele gute Bilder, die ich alle sehr mag. Ich hänge emotional an jedem dieser Bilder. Im Vergleich würde mir aber auffallen, dass diese irgendwie sehr ähnlich sind oder die gleiche Bildaussage haben und von vieren, drei zu viel wären.

Da läuft dann bei einer Bildstrecke schnell mal eine Frau, mit sich in der Bildaussage wiederholenden Bildern, endlos an einem Strand hin und her. Für die Fotograf*innen alles emotional wichtige Bilder. Für das Publikum aber nicht mehr nachvollziehbar. Die Herausforderung besteht darin, aus einer Fülle von Bildern, die ganz wenigen aber essentiell relevanten herauszuarbeiten.

Wenn der Schwanz mit dem Hund wackelt

Die Hürde „Redundanz“ zeigt sich übrigens bereits bei den Dreierreihen auf vielen Instagram-Feeds. Ich halte diese Modeerscheinung für schwierig. Es macht wenig Sinn sich, per Dekret, aufzuerlegen immer 3 Bilder aus einem Setting veröffentlichen zu müssen. Wenn ein Setting jetzt mal nur ein richtig gutes Bild beinhaltet, was ja nicht schlimm ist, bedeutet es zwangsläufig ich reduziere mich methodisch auf Mittelmaß, da ich mit zwei schwachen oder schlicht redundanten Bildern auffüllen muss. Und genau dies sehe ich in unzähligen Feeds. Es erstickt jede Form von Kreativität und über diesen Methodischen Zwang wackelt der Schwanz mit dem Hund. Und es macht einen Feed mitunter sehr eintönig. Beim Betrachten kommt dann schnell Langeweile auf. Wenn ihr damit angefangen habt, brecht dies bitte wieder auf. Auch wenn es im Übergang holperig ausschaut. Form follows function.

Emotion schlägt Perfektion

Auch wenn das Thema „gute Bilder“ sehr individuell ist, hier einmal meine Gedanken dazu, worauf ich bei der Bildauswahl achte. Disclaimer: Dies hat selbstverständlich keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und soll lediglich Anregungen geben. Als Ziel meiner Bilder wünsche ich mir, dass diese etwas beim Betrachter auslösen und ihn berühren. Eines der wichtigsten Kriterien für meine Bildsprache ist Authentizität und Stimmigkeit. Übrigens meine ich die bezogen auf die Menschenfotografie in der es um das porträtieren eine Menschen geht. Es gibt natürlich auch Sujets, wo dieses Element gar nicht erwünscht ist und bewusst über Abstraktion oder Übertreibung gearbeitet wird, wie z. B. bei einigen Fashion-Shoots.

Warum ist mir Authentizität und Stimmigkeit in meiner Bildsprache überhaupt so wichtig?

Das Einstufen von stimmig oder unstimmig ist ein Prozess, der sich ganz unbewusst innerhalb einer halben Sekunde bei jedem von uns abspielt. Das gilt auch für die Betrachtung von Bildern. Es ist ein archaisches Muster aus der Urzeit, wo instinktiv über kämpfen oder fliehen entschieden werden musste. Dieser Urinstinkt / -reflex ist in unserem Reptiliengehirn (Hirnstamm) hinterlegt und beeinflusst auch heute noch unsere Wahrnehmung, obwohl Mamuts und Säbelzahntiger nicht mehr unser Leben bereichern. Das Ergebnis ist aber immer das Gleiche: Fehlende Authentizität oder Stimmigkeit verursacht Misstrauen und lenkt unsere Aufmerksamkeit in die falsche Richtung. Es geht also um Emotionen, nicht um technische Ratio!

Bewusst eingesetzte Unstimmigkeit ist sicherlich ein interessanter Aspekt in der Bildsprache. Oft ist Unstimmigkeit in Bildern aber ungewollt und zufällig und erzielt dann ungewünschte Assoziationen beim Publikum. Das kann auch ein technisch perfektes Bild nicht retten. Resoniert hingegen das was ich sehe mit mir, wird es mich mit großer Wahrscheinlichkeit auch berühren. Wenn nicht, wird es mich bestenfalls begeistern.

Was bedeutet dies jetzt konkret für meine Arbeit? Mein Sujet ist „Akt-Porträt“. Dies meine ich im buchstäblichen Sinn. Also nicht den technischen Porträtschnitt, sondern das Porträtieren eines Menschen. Mal mehr, mal weniger bekleidet. Ein Element meiner Bildsprache dazu ist es, meine Bilder „facefokused“ aufzubauen. Ich möchte den Betrachter trotz offensichtlicher Nacktheit über den Ausdruck des Modells ins Bild ziehen. Damit dies funktioniert muss der Bildbetrachter im Ausdruck, der Pose usw. auf Stimmigkeit stoßen, um dort zu verweilen und eingeladen zu werden weiter in das Bild einzutauchen und sein Kopfkino anzustoßen.

Wenn ich hingegen keine Stimmigkeit vorfinde, gleitet der Blick einfach weiter über das Bild um nach Antworten zu suchen und landet vielleicht dann als erstes auf ihren Brüsten o. ä. oder es wird einfach weitergescrollt. Das wären dann eher „Brustbilder“ und das genaue Gegenteil von dem, dass ich mit meiner Bildsprache transportieren möchte. Ein wichtiger Grundsatz für meine Bildern dazu ist: „Nude but not exposed“. Wobei „exposed“ sich für mich nicht nur auf Nacktheit bezieht, sondern auf alles „Bloßstellende“. Das hat für mich auch sehr viel mit Respekt und Wertschätzung gegenüber dem Menschen zu tun, der mir dieses Vertrauen schenkt.

Was bedeutet Stimmigkeit für meine Bildauswahl?

In meiner Fotografie treibt mich die permanente Suche nach Stimmigkeit. Bei meiner vergleichenden Bildauswahl ist ein Kriterium dann auch immer: „Welches Bild ist das stimmigere für meine Message.“ Das gilt natürlich auch für eine bedrohliche Bildstimmung. Auch diese sollte glaubwürdig sein. Man hört dann von mir z. B.: „Wow, den Blick kaufe ich dir sofort ab.“ Das mag der Blick, die Augenstellung sein, die bei einem Bild einfach stimmiger ist und bei einem anderen vielleicht ins Leere geht. Oder dass, das Handeln (was das Model tut) auch zur Körperpose passt und stimmig ist (das Model z. B. beim zuknöpfen ihrer Bluse auf die Fingen und nicht daran vorbei ins Leere Blickt). Aber auch Perspektive, Lichtverlauf, Bildaufteilung, Stimmigkeit im Hintergrund usw.

Ein typisches Beispiel dazu ist auch das „Zwei-Geschichten-Bild“. Ein Bild das ungewollt! zwei Geschichten beinhaltet, die aber nicht zusammenpassen. Zum Beispiel ein Männer-Porträt mit einem gelösten Lächeln, einem sympathischen Blick aber einer verkrampften Handpose. Es werden zwei Signale ausgesendet die sich kannibalisieren. Das Bild wird intuitiv als nicht stimmig eingestuft. Oder ein Bild in dem ein Modell über eine sehr spektakuläre Lichtsetzung inszeniert wird, unterstützt durch einen starken Farblook. Dann vor lauter Begeisterung übersehen wird, dass die Hand über die Perspektive fast größer als der Kopf und dann noch in entstellender Haltung eingefangen wurde. Das ist übrigens ein „Blinder Fleck“ bei Fotograf*innen, die ihre Bilder mit einer eher technischen Sicht gestalten. Vielleicht gab es in diesem Setting ja auch Bilder, auf denen beides zusammenpasst. Hier Abstand zu bekommen um auch die weiteren Elemente wahrzunehmen, die das Bildergebnis kannibalisieren, kann man lernen. Der Preis dafür ist aber, dass man genauso viel Zeit in die Bildauswahl wie auch in das Shooting oder eine aufwändige Bearbeitung steckt. Ich nehme auch technisch unscharfe Bilder mit in die Auswahl, wenn sie die Stimmung gut und stimmig transportiert (Bildern mit bewusst gesetzten Defokus einmal außen vor gelassen). Ich kenne Fotografen, die Bilder sofort herausnehmen, wenn das Auge nicht knackscharf ist, was ich persönlich schade finde, da es näher betrachtet dann oft Halbkörperporträts sind, auf denen die „Unschärfe“ nicht auffallen würde.

Ich würde bei der Bildauswahl immer Abwägen, welche Kriterien mir die wichtigeren sind und die Bildaussage am besten unterstützen. Mir persönlich hilf ein technisch perfektes Bild nicht, wenn es den Betrachter nicht berührt. Wir alle haben Prioritäten bei der Betrachtung von Bildern die einen achten eher auf die technischen Merkmale die anderen eher auf die emotionalen. Ein Next Level ist sicherlich, wenn wir über die Bildauswahl heraus finden wo unsere Blinden Flecken liegen, um da den Blick zu schulen!

Ich wünsche euch eine Gute Zeit

Euer Boris

Chiffon Touched

Ein transparenter Chiffon als Stilmittel in der Aktfotografie

Ich arbeite innerhalb meiner Themenreihe „un|nude“ sehr gerne mit transparenten Stoffen und Kleidungsstücken. Die Transparenz wirkt wie eine Firnis, die ein Maler über sein Werk legt. Die Linien grenzen ab, öffnen aber auch den Blick für neues Terrain. Jedes Verschieben der Grenzen führt hier zu einer neuen Sicht auf Milena. Und die Leichtigkeit, die sie ausstrahlt.

Diese Strecke ist meine Interpretation der Aktfotografie und auch eine Verbeugung an dieses Sujet.

 

Warum die Arbeit an meinem FineArt-Magazin ein stetiger Next Level für meine Fotografie ist

Wenig Raum diszipliniert definitiv zu einer sorgfältigen Bild-Auswahl. Die Herausforderung für mich besteht darin, mich meinen Bildern zu stellen, auch den schlechten. Aus einer Fülle von Bildern, die ganz wenigen, aber essentiell relevanten herauszuarbeiten, macht etwas ganz Entscheidendes mit dir. Aber einmal alles auf Anfang.

Mit „Shades of Light“ geht die zehnte Ausgabe meines FineArt-Magazins „BORIS BETHGE“ an den Start. Anlass einmal inne zu halten  um in einer Retrospektive die, über die Jahre, stetige Entwicklung meines Magazinformats zu beleuchten. Aber auch einen Blick in die Zukunft zu wagen. Das „BORIS BETHGE“ keine einmalige Ausgabe, sondern eine Sammel-Edition werden sollte, habe ich mit der „01“ signalisiert. Damit verbunden die Hoffnung, dass sie zweistellig wird. Da wollen und erreichen bekanntlich nicht immer Hand in Hand gehen, war für mich der Start in dieses Abenteuer nicht nur spannend, sondern auch mit Unsicherheit verbunden. Vieles war neu oder sollte neu erlernt werden. Die Vorfinanzierung war schon ein ganzer Batzen. Bei der Freigabe des ersten Druckauftrags hatte ich schon ein wenig „die Buxe voll“. Am meisten beunruhigt hat mich wohl der Gedanke, dass sich keiner für mein Magazin interessieren würde.

FineArt-Magazin "BORIS BETHGE" Ausgabe 01

Faszination Self-Publishing

Was hat mich getrieben ein FineArt-Magazin im Eigenverlag heraus zu bringen? Die eigenen Arbeiten in gedruckter Form zu publizieren ist denke ich ein Herzenswunsch eines jeden Fotografen. Man steckt gemeinsam so viel Zeit und Empathie in die Bilder. Online sind diese aber so flüchtig in der Wahrnehmung und vergänglich wie eine Eintagsfliege. Erst in gedruckter Form ist es ein Bild! und kann mit ALLEN Sinnen wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Und es ist auch nach Jahren im Bücherregal greifbar, um es mit Euch hier auf den Bildern und Euch, die ihr meine Arbeit als Inspirationsquelle schätzt, zu teilen. Ich weiß noch, wie ich mich Anfang 2017 auf dem Weg gemacht habe. Um sowohl meinen Arbeiten als auch dem Vertrauen der Menschen vor meiner Cam gerecht zu werden, war mein Credo: Keine Kompromisse. Weder bei der Druckqualität, den Materialien noch bei Layout und Größe. Tatsächlich habe ich gut 7 Monate über das Format gebrütet. Darüber, welche Größe, Proportionen, welche Gestaltungselemente, welches Papier zu mir und meinen Bildern passen. Und auch speziell beim Layout: Die Verwendung eines Rasters um Ruhe in ein sonst abwechslungsreiches Layout zu bringen. Alleine die Blindprägung des Cover-Titels ist nicht nur ein Statement für guten Buchdruck, sondern schlägt auch bei den Druckkosten zu Buche. Es ist eine Hommage an die alte Buchdruckkunst und wird wie zu Gutenbergs Zeiten auf einem über 100 Jahre alten Heidelberger Zylinder gefertigt. Dass viele von euch nach dem Auspacken meines FineArt-Magazins als erstes mit den Fingern über den geprägten Titel streichen, zeigt mir, dass die Massage rüberkommt. Gleiches gilt für den Einklapper, der in raffinierter Weise gleich fünf Funktionen erfüllt. Wobei ich die fünfte Funktion als Abstandhalter zum trocknen der, mit Füllfederhalter signierten, Widmung durch Zufall entdeckt haben. Neben Inhalt und Format sind es für mich Alleinstellungsmerkmale wie diese, die einen Unterschied machen.

geprägter Titel

Prägewerkzeug für die Blindprägung des Titels einrichten
Prägung des Titels auf einem Heidelberger Zylinder

Last but not least: Der Pigmentdruck. Anstelle des, ab einer bestimmten Stückzahl, i.d.R. kostensparenderen, Offsetdruckes lasse ich meine FineArt-Magazine auf einer der neuesten Druckstrecken von Fujifilm, im FineArt-Pigmentdruck fertigen. Bitte an dieser Stelle richtig verstehen: Es gibt sowohl beim Digital- als auch beim Offset-Druck gravierende Qualitätsunterschiede. Und selbstverständlich gibt es auch qualitativ hochwertig umgesetzten Offsetdruck!!! “Offsetdruck” ist aber per se kein Kriterium für Bildbandqualität. Ich finde es z. B. schwierig, wenn ein SW-Bildband mit “Highend-Offsetdruck” bepreist wird und die “Farbe” Schwarz drucktechnisch nicht vorhanden ist, weil alle Bilder unisono in eher flachen Graustufen ausgeführt wurden. Grade für SW-Bildbände finde ich Duo- und Tri-Ton-Verfahren sehr spannend, die es erlauben noch kontrastreichere und tiefenscharfe S/W-Bilder zu drucken. Quasi schwärzer wie schwarz. Den SW-Druck über 3 Druckplatten zu realisieren ist allerdings kostenintensiver. Es ist, denke ich, immer auch eine Frage des Budgets, der Gewinnerwartung und des eigenen Anspruchs an das Druckergebnis. Wie heißt es so schön: “Jeder Jeck ist anders.” Eure durchweg positiven Feedbacks zu den Inhalten, der Druckqualität und den Gestaltungselementen bestätigen mich darin, keine Kompromisse zu machen. Dazu, dass auch ich auf diesem Pfad auf Abwege gekommen bin, erzähle ich euch später mehr.

Lehrgeld

„Die Streifen auf dem Umschlag sehen wir jetzt nicht als Reklamationsgrund. Papier ist halt ein empfindliches Produkt!“ Ja, neee!!! Die Wahl der ersten Druckerei war eher semi-optimal. Ich hatte mir eine regionale Druckerei ausgewählt. Da diese aber nur im digital Laserdruck (pulverbasiert) fertigen konnte, wurde der Druck an die Schwester nach Berlin verlagert. Trotz vollmundiger Qualitäts-Versprechen hatte wir bei der Umsetzung wohl doch ein unterschiedliches Verständnis für gute Druckkunst. Dort verfügte man zwar über die geeignete Technik (Pigmentdruck), Druckaufträge wurden da allerdings, ohne Herzblut, wie Pizzaflyer behandelt. Danach wusste ich zwar, worauf ich bei der Wahl eines geeigneten Druckpartners achten würde, hätte aber gerne auf diese Erfahrung verzichtet. Ihr seht, es ist nicht alles auf Anhieb glatt gelaufen. Der Exkurs mit einer „Online-Druckerei“ bei Ausgabe 06 war dann auch ein einmaliges Learning. Zugegeben, auch mich hat die Kosteneinsparung in den Fingern gejuckt. Die Wahl fiel auch auf einen, in der Community oft genannten, Empfehlungskandidaten, der auch mein Großformat mit gleichem Inhaltspapier Umsetzen konnte. Bei den Kriterien fallen bereits eine ganze Reihe an Anbietern, mit wenig Papierauswahl und Standardformaten wie DIN A4, heraus. Das Druckergebnis hat mich dann doch nicht überzeugt. So wurde ich dann wieder an mein Credo erinnert: Boris, keine Kompromisse.

Und es gab über die einzelnen Ausgaben hinweg Höhen und Tiefen. Bspw. die matte Cellophanierung des Umschlags ab Ausgabe 07 ist Top und sorgt sogar für ein noch plastischeres Relief bei der Prägung des Titels. Aber auch: „Moin Herr Bethge, wir haben grade das Papier geliefert bekommen, sieht irgendwie anders aus.“ So ist es, wenn der Hersteller Pleite macht und das Papier mit geänderter Spezifikation unter gleichem Namen vertrieben wird. Das Coverpapier musste tatsächlich aus unterschiedlichen Gründen im Verlauf der einzelnen Ausgaben 3-Mal gewechselt werden. Gut, wenn man dann einen Druckpartner hat, bei dem der Geschäftsführer mit seinem Druckerherz, wie ein Trüffelschwein nach einem Papierklon sucht oder die finale Farbanpassung an der Drucklinie persönlich begleitet. Hier hat sich in der Zusammenarbeit auch die regionale Nähe bezahlt gemacht. Grade in gefühlten „Krisensituationen“ gibt es mir ein gutes Gefühl sofort in ein persönlichen Dialog zu gehen.

Papierauswahl, ein hoch emotionales Thema

Wenn man sich nicht mit einem Standardpapier zufrieden geben möchte, hat man die Qual der Wahl unter unzähligen verschiedenen Papiersorten, die nicht nur im Preis variieren, sondern auch unterschiedlich Einfluss auf die Bildwirkung nehmen. Ich war in den ersten Gesprächen erschlagen, bar der Vielfalt. Ihr solltet unbedingt ein Papier wählen, dass zu euren Bildern und eurer Bildsprache passt. Wenn eure Bilder z. B. in die Richtung Fashion, Farbe und Magazinstyle gehen, könnte ein gestrichenes, glänzendes Bilderdruckpapier passen. Sind eure Bilder eher rough, SW und feine Details sind nicht so wichtig, würde ich vielleicht ein ungestrichenes / offenes Papier wählen. Ich habe mich für ein gestrichenes, mattes Papier mit einer feinen Struktur, analog guter FineArt-Prints, entschieden. Es wird den feinen Nuancen in meinen Bildern gerecht und die Struktur vermittelt ein haptisches Erlebnis. Und ich habe mich bewusst gegen ein rein weißes Papier entschieden und einen leichten Eierschalen-Farbton gewählt. Weiß wirkt sehr steril und würde nicht zu der emotionalen Bildstimmung meiner Arbeiten passen. Bei einer anderen Art der Fotografie kann es sehr wohl die bessere Wahl sein. Ihr seht, Papierauswahl ist hoch emotional und individuell. Ich habe bei der Suche nach einer geeigneten Druckerei jedes Gespräch auch dazu genutzt bereits über Papiere zu schauen und mit jedem Gespräch ein besseres Gefühl dazu bekommen. Wenn die regionale Nähe nicht gegeben ist, könnt ihr euch auch Papiermuster zusenden lassen. Gleiches gilt natürlich für alle anderen Parameter. Nutzt die persönlichen Gespräche um möglichst viel Input aber auch Ideen für eure Entscheidung zu gewinnen.

Strukturiertes FineArt-Papier

Feedback von außen

Dass ich in einer beruflichen Etappe auch im Bereich des layouten und produzieren von Printmedien unterwegs war hat mir hier unfassbar geholfen. Ich habe mir bei den unterschiedlichen Projektphasen aber immer wieder eine Sicht von außen dazu geholt und lasse auch andere über meine Bilder schauen. Meine Frau Anne ist da übrigens für mich ein wertvoller Sparringspartner. Tatsächlich würde ich jedem bei so einem Projekt empfehlen sich auch den Blick von außen einzuholen. Beispielsweise mit InDesign bin ich nach einem Crashkurs von Corinna super klargekommen. Da Corinna sich nicht nur vor meiner Cam wohl fühlt, sondern auch Mediendesignerin ist, hatten wir es mit einem Shoot verbunden. Zuerst haben wir einige Bildideen umgesetzt. Dann, nach lecker Pasta, hat sie mir die Grundzüge in InDesign gezeigt. Mein Layout hatte ich vorher bereits komplett entwickelt, so dass wir es nur noch in InDesign zum Leben erwecken mussten.

Analoger Aufriss des Magazin-Layouts

analoger Aufriss des Magazin-Layouts

Corinna war selbst in der ersten Ausgabe mit einer Bildstrecke zu „Tage am Meer“ vertreten, die wir in St. Peter-Ording geshootet haben. So konnte ich zusammen mit ihr auch gleich die Druckdaten für ihre Strecke setzen und habe super Tipps für das Handling des Programms bekommen. Damit ich die Handgriffe in meine “Birne” bekomme, hat Corinna übrigens nicht einfach nur gezeigt oder vorgemacht, sondern hat mich machen lassen. Ich glaube ich habe in der Zeit danach nur dreimal eine Funktion erfragen müssen. Corinna: Ganz lieben Dank an dieser Stelle! Vom Shooten der Bilder, Kuratieren der Bildstrecken und Setzen der Druckdaten (in InDesign) bis zur fertigen Druck-PDF kann ich heute alle Schritte selber ausführen.

Behind the Scenes, SPO

Corinna, FineArt-Magazin "BORIS BETHGE", Ausgabe 01

Ein Format im stetigen Umbruch

Die Inhaltlichen Formate haben sich, zusammen mit mir, stetig weiterentwickelt. Seit ich Menschen fotografiere, denke ich tatsächlich in Bildstrecken. Ein Grund, warum ich in Ausgabe 01 und 02 ausschließlich komplette Bildstrecken gezeigt habe.

Mayté, FineArt-Magazin "BORIS BETHGE", Ausgabe 02

Für Einzelbilder, die mir sehr ans Herz gewachsen sind, habe ich in Ausgabe 03 die Rubrik „Lieblingsbilder“, heute „Selected Works“, ins Leben gerufen. Mit Ausgabe 04 habe ich begonnen, auch Themen-Monografien zu publizieren. In „Fifty Shades of Boris´ Light“ waren es 50 Bilder aus einem Langzeitprojekt. Alle im selben Raum, mit derselben Kamera, demselben Objektiv und offenblendig erstellt. Aber alle Bilder sehr unterschiedlich voneinander. Einzige Variablen: Die eigene Kreativität und der Mensch vor der Kamera.

FineArt-Magazin "BORIS BETHGE", Ausgabe 04, „Fifty Shades of Boris´ Light“

Mit Ausgabe 06 gab es wieder einen Perspektivwechsel. Die außergewöhnlichen Bildstrecken in „Seven Days in Paradise“, unserer Shooting-Tour nach Fuerteventura, wurden chronologisch aufgebaut, wie ein kleines Tour-Tagebuch. Kleine Anekdoten sowie wertvolle Tipps zur Planung und Umsetzung für eure eigene Shooting-Tour, kamen als ergänzende Elemente hinzu. Auch Corinna hat ihre Sicht mit eingebracht und berichtet nicht nur von meinen optimistischen „nur 20-Minuten-Fußmärschen“. So konnte ich euch in einer sehr kurzweiligen Weise mit auf die Reise nehmen.

Corinna, FineArt-Magazin "BORIS BETHGE", Ausgabe 06, "Seven Days in Paradise"

Ausgabe 09 „Merlin and the Nudes“ ist ebenfalls als außergewöhnliche Themen-Monografie aus einem 14-monatigen Langzeitprojekt heraus entstanden. Übrigens, wenn ich den Begriff „außergewöhnlich“ verwende, ist es im buchstäblichen Sinne gemeint. Es geht mir hier nicht um eine Qualifizierung. Dieses Thema ist in dieser Form fotografisch noch nicht behandelt oder publiziert worden.

Mayté, FineArt-Magazin "BORIS BETHGE", Ausgabe 09, "Merlin and the Nudes"

In den Ausgaben dazwischen immer wieder sehr unterschiedliche Bildstrecken und Einzelbilder. Mein besonderes Augenmerk liegt nach wie vor auf einer sorgfältigen Auswahl der Bilder und Diversität für das Storytelling. Übrigens war auch bei mir der Drang groß, die „teuer bezahlten“ Seiten optimal zu nutzen. Mittlerweile gibt es aber bewusst eingesetzten Leerraum sowie Leerseiten um den Betrachter zu entschleunigen und auch den Bildern mehr Luft zum Atmen zu geben. Es lohnt sich! So erscheinen alle FineArt-Magazine in meiner Sammelreihe in einem wohltuend konsistenten Rahmen. Sind aber inhaltlich im ständigen Umbruch und inspirieren mit immer neuen Akzenten. Ich hatte mein Magazin bereits 2018 als den “Wolf im Schafspelz” tituliert. Es kombiniert sowohl die Leichtigkeit und den Spirit eines MAGs als auch das Gefühl einen hochwertigen Bildband in Händen zu halten. In dieser Kombination einzigartig.

Da ich der Ansicht bin, dass Farbe in meinen Bildern oft zu geschwätzig ist, veröffentliche ich den größten Teil meiner Arbeiten in SW. In der Bildstrecke „Gezeiten“ mit Sorina, aus Ausgabe 10, ist der Schwerpunkt bewusst auf Farbe gelegt. Viele Dieser Bilder transportieren die Stimmung tatsächlich in Farbe mit Abstand am besten. Besonders bei offenblendigen Gegenlichtaufnahmen fällt mir oft auf, dass Feinheiten im Streulicht über die Ausbelichtung in SW verschluckt werden oder zu flacheren Ergebnissen führen. Letzteres wäre für meine SW-Fotografie fatal, da ich sowohl feine Details als auch ein knackiges Schwarz in meinen Bilder umsetzen möchte.

Sorina, FineArt-Magazin "BORIS BETHGE", Ausgabe 10, "Shades of Light"

Klasse statt Masse

Das Format ist bewusst in der Seitenzahl limitiert. Ich möchte lieber regelmäßig aktuelle und gut ausgewählte Strecken sowie Selected Works zeigen, als mich dem Diktat des Seitenfüllens zu unterwerfen. Das überlasse ich Anderen. So bin ich auch viel näher an dem aktuellen Stand meiner Entwicklung. Wobei durchaus auch Bilder aus früherer Zeit den Weg ins Magazin finden, wenn sie für mich immer noch wichtig und relevant sind. Der Gegenpart dazu wäre z. B. ein 400-seitiges Buch beliebig mit Bildern zu füllen. Zugegeben etwas überzeichnet, aber wenig Raum diszipliniert definitiv zu einer sorgfältigen Bild-Auswahl. Da entstehen für das Publikum schnell einmal unliebsame Längen. Die Herausforderung für mich besteht darin, mich meinen Bildern zu stellen, auch den schlechten. Aus einer Fülle von Bildern, die ganz wenigen, aber essentiell relevanten herauszuarbeiten, macht etwas ganz Entscheidendes mit dir. Du begegnest dir und deinen Bildern auf einer sehr intensiven Weise. Das ist übrigens nicht immer angenehm. Die ausgewählten Bilder und Bildstrecken müssen allen eigenen Gedanken dazu standhalten.  Dieser Prozess ist nicht nur der zeitaufwändigste, sondern meines Empfindens nach auch der wichtigste. Die Auseinandersetzung, innerhalb von hunderten von Bildstrecken und Bildern, hat meinen Blick immer wieder ein Stück weit verändert und geschult. Und natürlich mache auch ich Fehler, zu Beginn und sicherlich auch heute noch! Aber ich gehe aus jedem dieser Prozesse mit neuen Gedanken heraus. Ich bin übrigens davon überzeugt, dass es Fehler gibt die man selber machen muss um sich persönlich weiter zu entwickeln. Da hilft keine Abkürzung und anders wie bei Social Media sind es Formate wie diese, die dazu motivieren mich intensiver mit mir selbst auseinander zu setzen. Hier trennt sich nicht selten die Spreu vom Weizen.

Anti-Social-Media

Bilder in diesem Print-Format zu veröffentlichen, war für mich auch ein entscheidender Schritt aus der inflationären und schnelllebigen Welt des Social Media auszubrechen. Auch hier bitte richtig verstehen: Social-Media ist Fluch und Segen zugleich und ohne Social Media würde mich sicherlich kaum einer hier kennen! Der Drang immer gleich etwas auf meinem Feed zeigen zu müssen, hat aber spürbar abgenommen. Dieser Gegenpol hat sehr viel Ruhe in mein Schaffen gebracht. Ich habe mich wieder viel mehr auf die Inhalte konzentriert und den Wert meiner Arbeit nachgespürt, ohne den Gedanken daran, wann es denn veröffentlicht werden sollte. Und anders wie im Social-Media-Feed, kann man die Dramaturgie innerhalb einer Print-Publikation wesentlich gezielter steuern. Ich habe hier eine “Schätzchen-Schublade” mit kompletten, unveröffentlichten Bildstrecken, ohne dass es mich drängt, sie sofort zeigen zu müssen. Wenn die Zeit reif ist, werden die Strecken und Einzelbilder ihren Weg finden. Übrigens, wie ihr seht, mag ich es bei der Bildauswahl “analog”.  Ich drucke relevante Strecken aus und mache die finale Bildauswahl bzw. Vorauswahl mit den Ausdrucken. Bringe sie zu meiner Idee einer Story in  eine Reihenfolge und notiere mir ggf. auch Gedanken zu Assoziationen, Bildschnitt o. ä. auf dem Ausdruck. Oft liegen die Bild-Strecken Tage oder Wochen hier herum, damit ich sie auch immer wieder mit zeitlichem Abstand betrachten kann. Nicht selten positioniere ich Bilder wieder um. Ich finde es spannend auszuprobieren, ob Bilder nach dem herausnehmen wirklich fehlen und wie eine unterschiedliche Reihenfolge in meiner Wahrnehmung die Story verändert.

Planschrank in meinem Galerie- und Arbeitsloft

Bildauswahl "Analog"

Böse Zungen behaupten ja, Studiokater Merlin würde die Bildauswahl für mich machen

Blick in die Zukunft

Eure, in Teilen auch sehr tiefgehenden, Feedbacks zu Inhalt, Qualität und der Relevanz meiner Bildbände bestärken mich darin auch zukünftig keine Kompromisse einzugehen. Schon vorab: Selbstverständlich werde ich meine Arbeiten weiter in diesem Format publizieren. Ausgabe 01 bis 04 sind mittlerweile ausverkauft und avancieren zu Sammlerstücken. Eine Entwicklung, die mich sehr stolz und unfassbar glücklich macht. Aber auch mit Dankbarkeit verfüllt. Das zeitlose Layout hat sich bei den unterschiedlichen Schwerpunkten und Perspektiven meiner Arbeit über alle bisherigen Ausgaben bewährt. Hier werde ich sicherlich auch hinzukommende Formate einbetten können. Wenn ich ein Blick in die Zukunft wage, gibt es bereits neue Inhalte und auch Formate, die ich mir vorstellen kann.

FineArt-Magazin "BORIS BETHGE", Ausgabe 10, "Shades of Light"

Ein Ende letzten Jahres gestartetes Langzeitprojekt wird im doppelten Sinne in eine Monografie münden. Es beleuchtet die ungezähmte Leidenschaft einer jungen Frau zum Tanz. Ein weiteres Projekt zum Thema „Selbstliebe“ steht in den Startlöchern.

Ich könnte mir gut ergänzende Formate vorstellen, wie beispielsweise: Behind the Scenes, How I do it (Infos oder Tutorials über meine Arbeitsweise, ergänzend zu konkreten Strecken oder Projekten), ein Interview-Format mit einer Protagonistin oder vielleicht auch ein „Werkstattbuch“ zu einem meiner Langzeitprojekte. Da gibt es durchaus schon Ideen, die ich wohl dosiert zu bereits geplanten Projekten aufgreifen möchte. Die Texte werden aber auch zukünftig nur ganz dezent eingesetzt um den Bildern Raum zu lassen und nicht alles auszuerzählen. Sicherlich werden innerhalb des Formats meiner FineArt-Magazine auch wieder Akzente hinzukommen, die sich einfach durch die stetige Entwicklung meiner Fotografie „aufdrängen“. So ist die Arbeit für und an meinem FineArt-Magazin auch ein wichtiger Sparringspartner und stetiger Next Level meiner Entwicklung. Es bleibt sicherlich spannend und inspirierend.

Ich gebe übrigens mein geballtes Wissen zu dem kompletten Prozess, von der Idee bis zur Veröffentlichung eurer eigenen MAGs oder Bildbände, in Form eines eigens dafür entwickelten Coaching-Formats, an euch weiter. “Print & Publish your own Photobook”

 

Ich wünsche Euch eine gute Zeit

Euer Boris

 

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